Krupp-Stiftung: Wissenschaftlerin Gather wird Nachfolgerin von Beitz
Essen (dpa) - Die mächtige Krupp-Stiftung hat nach dem Tod des Firmenpatriarchen und einflussreichen Industriellen Berthold Beitz eine neue Chefin: Die Rektorin der Technischen Universität Dortmund, Ursula Gather.
Die 60-jährige Wissenschaftlerin werde Vorsitzende des Kuratoriums der Krupp-Stiftung, teilte das Gremium am Mittwoch in Essen mit. Die Stiftung ist mit 25,3 Prozent der größte Anteilseigner der ThyssenKrupp AG. Der schwer angeschlagene und verlustreiche Konzern steht seit Monaten in den Schlagzeilen.
Gather sprach von einer „großen Aufgabe“. Die Stiftung gelte als unabhängig, dies wolle sie fortsetzen. Die in der Öffentlichkeit weitgehend unbekannte Mathematikerin tritt das Amt zum 1. Oktober an. Sie wurde im Dezember 2011 in das Kuratorium der Stiftung berufen. Als Wissenschaftlerin und Wissenschaftsmanagerin genieße sie national und international einen exzellenten Ruf, hieß es in der Mitteilung der Stiftung weiter.
Heinrich Hiesinger, Vorstandschef des ThyssenKrupp-Konzerns, nannte die neue Vorsitzende des Kuratoriums eine „kluge, erfahrene und streitbare“ Wissenschaftlerin. „Die Entscheidung des Kuratoriums für eine starke Frau ist eine sehr gute Wahl“, sagte er laut einer Pressemitteilung.
Gather, die auch als Stiftungsvorsitzende Rektorin der Technischen Universität Dortmund bleibt, tritt in große Fußstapfen: Die Geschicke der Stiftung hatte Beitz lange Jahre als Vorsitzender des Kuratoriums gelenkt. Auf den ThyssenKrupp-Konzern übte er im Hintergrund einen erheblichen Einfluss aus. Entscheidungen von Tragweite waren ohne ihn nicht denkbar.
Zuletzt hatte Beitz dafür gesorgt, dass der Ex-Aufsichtsratschef von ThyssenKrupp, Gerhard Cromme, der auch sein designierter Nachfolger für den Stiftungsvorsitz war, den Posten niederlegte und aus der Stiftung ausschied. Cromme übernahm die Verantwortung für die desaströsen Auslandsgeschäfte in Brasilien und den USA, die dem Unternehmen Milliardenverluste bescherten. Auch mit Kartell- und Korruptionsvorwürfen hatte das Unternehmen zu kämpfen. Eine andere Kultur sollte bei ThyssenKrupp Einzug halten.
Welche Veränderungen sich in der Stiftung und ihrer Beziehung zum ThyssenKrupp-Konzern unter der neuen Vorsitzenden Gather vollziehen werden, bleibt abzuwarten. Nach dem Ausscheiden von Cromme deutete sich bereits an, dass die Macht im Konzern zwischen Aufsichtsrat und dem Hauptaktionär Stiftung entflochten wird. Das Unternehmen, so meinen Beobachter, werde sich in der Ära nach Beitz stärker zu einem „normalen“ Dax-Konzern entwickeln.
Die Stiftung gilt weiterhin für die Zukunft des kriselnden Stahlkonzerns als zentral. Mit ihrer Sperrminorität ist sie ein Bollwerk gegen mögliche feindliche Übernahmen. Durch eine Kapitalerhöhung, die Vorstandschef Hiesinger für die nächste Zeit ausdrücklich nicht ausgeschlossen hat, könnte diese starke Stellung verloren gehen. Denn es wird nicht erwartet, dass die Stiftung bei einem solchen Kapitaleinschuss ihren Anteil entsprechend erhöhen würde.