Messungen bestätigen Verdacht Langsames Internet: Wenn der Anbieter nicht hält, was er verspricht

Bonn · Gutes Internet hat seinen Preis - je mehr ein Haushalt zahlt, desto besser ist die Leistung. So zumindest ist die Theorie. In der Praxis allerdings ist recht teures Festnetz daheim manchmal erstaunlich langsam.

Bei den Kunden kommt meist weniger an als versprochen.

Foto: dpa/Fabian Sommer

Festnetz-Internet ist in vielen Fällen deutlich schlechter als vertraglich vereinbart. Wie die Bundesnetzagentur auf Anfrage der Deutschen Presse-Agentur mitteilte, bekamen Verbraucher im Rahmen eines seit Dezember gültigen Minderungsrechts bisher knapp 15 000 sogenannter Messprotokolle. Dabei wurde „fast ausschließlich“ ein Minderungsanspruch festgestellt - die Leistung war also so mies, dass die Verbraucher Anspruch auf eine niedrigere Bezahlung hatten.

Wie hoch die Minderung ist, besagen die Protokolle nicht - das sollen die Verbraucher mit ihren Anbietern klären. Netzagentur-Chef Klaus Müller sagte, man freue sich, dass das Messtool „breitbandmessung.de“ gut angenommen werde.

Internettarife enthalten ein Produktinformationsblatt, in dem der Anbieter die maximale, die minimale und die normalerweise zur Verfügung stehende Datenrate angibt. Von diesen Vorgaben darf es keine „erhebliche, kontinuierliche oder regelmäßig
wiederkehrende Abweichung“ geben, wie ein Gesetz besagt.

Die Ergebnisse der Messungen belegen nun aber Defizite, aus denen sich Rechtsansprüche ableiten lassen. Am häufigsten geht es um die normalerweise zur Verfügung stehende Übertragungsgeschwindigkeit. Zudem ist der Download stärker betroffen als der Upload.

Das noch recht junge Minderungsrecht stärkt die Rolle des Verbrauchers gegenüber seinem Anbieter, seit Mitte Dezember ist das dafür nötige Messtool nutzbar. Die Desktop-App „breitbandmessung.de“ gibt Aufschluss, ob das Festnetz daheim den Vorgaben entspricht und ob die Abweichungen so stark sind, dass die Verbraucher einen Anspruch auf Preisminderung haben.

Ähnliche Messungen über die App der Bundesnetzagentur hatte es schon in den vergangenen Jahren gegeben, sie hatten ebenfalls Mängel aufgezeigt. Ein Rechtsanspruch ergab sich aus den älteren Messungen aber nicht - das ist erst seit etwa drei Monaten der Fall.

Um ein Messprotokoll zu bekommen, sind im Rahmen des neuen Rechts insgesamt 30 Messungen an 3 unterschiedlichen Kalendertagen nötig. Zwischen den Messungen sollen mindestens fünf Minuten liegen, beziehungsweise zwischen der fünften und sechsten Messung eines Tages mindestens drei Stunden. Der Gesamtzeitraum für die „Messkampagne“ - so wird die vorgeschriebene Reihe an 30 Tests genannt - darf nicht länger sein als zwei Wochen. Diese Vorgaben machen deutlich, dass Verbraucher es auch wirklich ernst meinen müssen mit der Überprüfung - mal eben so nebenbei bekommt man das Messprotokoll nicht.

Zum einen teilte die Netzagentur mit, dass im Zeitraum Mitte Dezember bis Ende Februar knapp 15 000 Messkampagnen beendet wurden und die Verbraucher dann ein Protokoll bekamen. Zum anderen seien etwa drei Mal so viele Kampagnen angefangen, aber nicht abgeschlossen worden. Warum so viele Verbraucher bei einer Kampagne vor der 30. und finalen Messung ausgestiegen sind, ist unklar.

Und wie reagierten Internetanbieter auf die ersten Zahlen zum neuen Minderungsrecht? Ein Sprecher der Deutschen Telekom sagte, man erhalte zurzeit relativ wenige Messprotokolle von den Kunden. In den vergangen zwei Monaten seien es durchschnittlich zehn pro Tag gewesen. „Wir suchen dann immer nach einer kulanten Lösung“, sagte er. „Wenn nach Klärung der Ursache für das Messergebnis ein Anspruch besteht, gewähren wir selbstverständlich eine Minderung auf den monatlichen Betrag.“ Der Beitrag variiere je nach Kunde und Vertrag.

Vodafone teilte knapp mit, dass bisher „wenige“ Kunden vom Minderungsrecht Gebrauch gemacht hätten. „Zahlen veröffentlichen wir dazu nicht“, sagte ein Sprecher.

Verbraucherschützer werteten die Zahlen zum Minderungsrecht als Beleg für eine große Kluft zwischen Anspruch und Wirklichkeit beim heimischen Internet. Rund 15 000 komplett durchgeführte Messkampagnen binnen zweieinhalb Monaten seien „nicht unbeachtlich“, schließlich sei der Aufwand hoch, sagte Felix Flosbach von der Verbraucherzentrale NRW. Die Zahl der Verbraucherinnen und Verbraucher, die sich in den Beratungsstellen zu dem Thema informierten, steige stetig.

Der Verbraucherschützer monierte, dass die Höhe des Anspruches nicht klar sei - Festnetz-Nutzer müssten nach Sichtung des Protokolls selbst entscheiden, wie viel sie weniger zahlen wollten. Die Telekommunikationsanbieter böten dann häufig nur einen geringen Preisabschlag und erklärten nicht, wie sie auf den Betrag kämen. „Mehr Transparenz der Provider wäre hilfreich“, sagte Flosbach.

Tatsächlich könnte sich die Situation für die Verbraucher bald verbessern. Denn Bundesnetzagentur-Präsident Müller sagte, seine Behörde stehe „im Interesse der Kundinnen und Kunden im Dialog mit der Branche, um vereinfachte Entschädigungsmodelle zu erreichen“.

Der digitalpolitische Sprecher der Grünen im Bundestag, Maik Außendorf, rechnet bei „breitbandmessung.de“ mit steigenden Nutzungszahlen, da dieses Instrument an Bekanntheit gewinne. Wie die allermeisten der rund 15 000 ausgestellten Messprotokolle belegten, zahlten die Nutzerinnen und Nutzer „für eine Bandbreite, die sie schlussendlich nicht erhalten“, sagte der Politiker. „Das ist nicht akzeptabel und zeigt, dass dieses Instrument zum Schutz der Verbraucherinnen und Verbraucher längst überfällig gewesen ist.“

(dpa)