Leitzinssenkung: Sparer jammern, die Börse jubelt

Geld im Euro-Raum wird noch billiger. Was für die Krisenstaaten gut ist, bringt Nachteile für Deutschland mit sich.

Frankfurt. Die Europäische Zentralbank (EZB) verschärft überraschend ihren Krisenkurs und senkt den Leitzins im Euroraum auf das Rekordtief von 0,25 Prozent.

Die Währungshüter reagieren auf den mickrigen Preisauftrieb im Oktober. Die Inflation im Euroraum fiel auf 0,7 Prozent und entfernte sich damit weit von der Marke von knapp unter 2,0 Prozent, bei der die EZB stabile Preise gewahrt sieht. EZB-Präsident Mario Draghi betont, dass die Teuerung noch länger sehr niedrig bleiben wird. In Deutschland liegt die Teuerung allerdings aktuell bei 1,2 Prozent.

Die Teuerung in einigen Euroländern ist noch deutlich niedriger als im Schnitt der gesamten Eurozone, in Griechenland sinken die Verbraucherpreise sogar. Das ist zwar zum Teil politisch gewollt, weil verschuldete Staaten ihre Ausgaben kürzen und Unternehmen ihre Preise senken sollen, um international wettbewerbsfähig zu werden. Doch Ökonomen gehen davon aus, dass die EZB eine Deflation verhindern will. Kommt es zu einer solchen Entwicklung, halten sich Firmen mit Investitionen zurück, Verbraucher verschieben Einkäufe in der Hoffnung auf immer niedrigere Preise — und die Wirtschaft friert ein.

Ein Ziel der Notenbank ist es, die fragile Konjunkturerholung zu stärken. Denn niedrige Zinsen verbilligen tendenziell Kredite. Das ist gut für alle Schuldner — auch für Staaten, die ihre Schulden günstiger refinanzieren können. Die Hoffnung der EZB ist auch, dass niedrige Zinsen die Investitionen ankurbeln.

Als Kreditnehmer können sich private Haushalte über das billige Geld freuen. Das gilt auch für Häuslebauer.

Zinssenkungen werden schnell an die Kunden weitergereicht — erfahrungsgemäß vor allem bei Angeboten wie Tages- und Festgeld. Anleger müssen also mit sinkenden Sparzinsen rechnen. Georg Fahrenschon, Präsident des Deutschen Sparkassen- und Giroverbandes, warnt: „Niedrigzinsen führen zu dauerhaften Verlusten der Sparer, die quasi einer Enteignung gleichkommen, weil sie bei ihren Anlagen negative Realzinsen hinnehmen müssen.“ Auch der Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft kritisierte, die niedrigen Zinsen gingen zulasten der Altersvorsorgesparer.

Am Aktienmarkt sorgte die EZB für ein Kursfeuerwerk, schließlich ist billiges Zentralbankgeld Schmierstoff für die Börsen: Der Dax erreichte gestern ein Allzeit-Hoch.