Letzter Kraftakt um Hilfen für Schlecker-Beschäftigte
Stuttgart (dpa) - Baden-Württemberg hat einen letzten Versuch unternommen, für 11 000 Schlecker-Beschäftigte doch noch eine Auffanglösung zu stemmen. Das Land will mit einer Bürgschaft für eine Transfergesellschaft in Vorlage treten, aber nur unter der Bedingung, dass weitere Bundesländer mitziehen.
Nach stundenlangen Verhandlungen beschloss der zuständige Ausschuss des Landtags am Mittwochabend, dass Wirtschaftsminister Nils Schmid (SPD) bis Donnerstagmorgen (8.00 Uhr) 45 Millionen Euro an Bürgschaftszusagen für eine solche Auffanglösung einsammeln soll. „Wir werden eine Nachtschicht einlegen“, sagte Schmid. In dieser wolle er 13 Länder zu Zusagen bewegen. Sachsen und Niedersachsen hatten erklärt, definitiv nicht mitzumachen.
Als neuer Wackelkandidat habe sich am Abend auch Hessen gezeigt, hieß es in Stuttgart. Ein Sprecher der dortigen Landesregierung wollte zunächst keine Stellung nehmen. Dem Vorschlag Schmids stimmten bis auf die FDP alle Parteien in Stuttgart zu.
Nach fieberhaftem Ringen über den ganzen Tag schlug Schmid dem Ausschuss vor, dass Baden-Württemberg doch noch in Vorleistung geht und für einen KfW-Kredit über 70 Millionen Euro zunächst alleine bürgt - Voraussetzung dafür sind die Rückbürgschaften der 13 Länder. „Der Einsatz geht weiter“, sagte Schmid. Er bedauere, dass der Beschluss des Ausschusses den Schlecker-Beschäftigten noch nicht die gewünschte Sicherheit bringe.
Schlecker-Insolvenzverwalter Arndt Geiwitz zeigte sich weiterhin optimistisch: „Für mich bleibt die Hoffnung, dass die anderen Länder mitziehen.“ Der Donnerstagmorgen war auch für ihn die allerletzte Deadline: „Ich brauche die bis morgen früh um 8.00 Uhr“. Andernfalls gingen die Kündigungen raus, sagte Geiwitz.
Schon frühzeitig hatte sich abgezeichnet, dass es keine gemeinsame Lösung aller Bundesländer geben würde. Dann schien aber eine Alternative gefunden: Baden-Württemberg, Bayern und Nordrhein-Westfalen sollten nach dpa-Informationen alleine für eine Transfergesellschaft der insolventen Drogeriekette bürgen. Doch postwendend folgte das Nein aus München.
Geplant war, dass die Beschäftigten, die wegen Pleite der Drogeriekette ihren Job verlieren sollen, in den Transfergesellschaften weitergebildet und bei der Suche nach einem neuen Job unterstützt werden. Außerdem hätten sie für sechs Monate einen Großteil ihres Gehaltes sicher.
Der Finanz- und Wirtschaftsausschusses des Landtags in Stuttgart hatte seit dem Mittag beraten, ob Baden-Württemberg einen Kredit der staatseigenen Bank KfW über 70 Millionen Euro ermöglicht. Im Laufe des Tages wurde die Sitzung zweimal ohne Lösung unterbrochen. In der dritten Sitzungsrunde brachte Schmid seinen letzten Vorschlag ein.
Die ursprünglich geplante Bürgschaft aller Bundesländer war vor allem am Widerstand der FDP-geführten Wirtschaftsministerien in Niedersachsen und Sachsen gescheitert. Mehrere Bundesländer wollten nur dann mitbürgen, wenn alle mitmachen. Auch Baden-Württemberg hatte sich entsprechend geäußert.
Schlecker-Insolvenzverwalter Geiwitz wollte beim Scheitern der Transferlösung noch am Abend die Kündigungsschreiben an die 11 000 Beschäftigten rausschicken, verschob dies nun aber auf Donnerstag. Er hatte sich vor der Sitzung noch zuversichtlich gezeigt, dass eine Lösung glücken könnte. Zudem hatte Geiwitz die vorgelegten Zahlen zur Schlecker-Fortführung verteidigt. Sie waren unter anderem vom Hannoveraner Wirtschaftsministerium als nicht belastbar genug beurteilt worden.
Unterdessen wurde das Insolvenzverfahren über die Drogeriekette Schlecker vom Amtsgericht Ulm am Mittwoch eröffnet, wie Insolvenzrichter Benjamin Webel bestätigte. Das Verfahren gilt für die Anton Schlecker e.K., die Schlecker XL GmbH und auch für die Tochter IhrPlatz. Geiwitz will nun daran arbeiten, die verbliebenen rund 3200 Schleckerfilialen verlustfrei weiterzuführen. Auch die Investorensuche werde fortgesetzt.