Linde-Chef Reitzle erklärt Nachfolgedebatte für verfrüht
München (dpa) - Linde-Vorstandschef Wolfgang Reitzle hat Spekulationen über einen Wechsel in den Aufsichtsrat als verfrüht zurückgewiesen. Ob er nach Ablauf seines Vertrages im Mai 2014 weitermachen oder in das Kontrollgremium des DAX-Konzerns wechseln wolle, ließ der 63-Jährige am Montag ausdrücklich offen.
Das aktuelle Geschäft des Industriegase-Unternehmens läuft hervorragend: Nach einem Umsatz- und Ergebnissprung von 13 Prozent im dritten Quartal ist Linde wieder einmal auf Rekordkurs. Die Börse reagierte begeistert.
„Mir macht meine Arbeit nach wie vor riesig Spaß“, sagte Reitzle in München. Sein Vertrag laufe noch gut 18 Monate bis Mai 2014. Wie es dann weitergeht, werde der Aufsichtsrat des Konzerns zeitgerecht entscheiden: „Who knows, what happens: Wer weiß, was der Aufsichtsrat beschließt?“ Er sei inzwischen wahrscheinlich länger als jeder andere Manager in Deutschland in Vorständen tätig und habe jetzt Spaß daran, wirtschaftlichen Gegenwind mit Routine abzuwettern, sagte der frühere BMW- und Ford-Vorstand.
Aber ein direkter Wechsel vom Vorstand in den Aufsichtsrat wäre grundsätzlich auch „kein Tabubruch und kein Rechtsbruch“: Er wäre laut Gesetz mit Zustimmung von 25 Prozent der Aktionäre möglich. „Die Eigentümer müssen ja mitbestimmen können, wer ihr Unternehmen kontrolliert“, betonte Reitzle.
Empört dementierte Reitzle Berichte, wonach Linde bereits nach einem Nachfolger für ihn suche. Drei namentlich genannte Siemens- und Eon-Vorstände seien nie als Kandidaten auch nur angedacht gewesen. Er habe Siemens-Chef Peter Löscher jetzt „erklärt, dass das eine Ente ist“, sagte Reitzle.
Vor allem die Übernahme des US-Sauerstoffgeräte-Herstellers Lincare hat das Wachstum von Linde im dritten Quartal weiter beflügelt. Schwächere Geschäfte in der Eurozone glich Linde mit guter Nachfrage in Osteuropa und Asien mehr als aus. Der Umsatz wuchs kräftig auf 3,9 Milliarden Euro, der Gewinn auch dank eines rigiden Sparkurses auf 313 Millionen Euro nach Steuern.
Reitzle bekräftigte das Jahresziel, Umsatz und Betriebsergebnis zu steigern und nächstes Jahr „ein operatives Konzernergebnis von mindestens vier Milliarden Euro zu erreichen“. Dazu werde auch ein neues Sparprogramm beitragen, bei dem auch Stellen abgebaut werden könnten. In den kommenden vier Jahren wollen die Münchner bis zu 900 Millionen Euro einsparen. Der Markt werde schwieriger. „Mit viel Wachstum rechnen wir nicht, aber ein bissl was ist für Linde immer drin“, sagte Reitzle.
Linde müsse die erst im August abgeschlossene milliardenschwere Lincare-Übernahme verdauen, schließe aber weitere kleine Zukäufe nicht aus. „Wir haben noch nie so viel in neue Anlagen investiert, wo Wachstum in Aussicht steht, in Asien, Osteuropa, Südamerika - leider nicht so sehr in Europa“, sagte Reitzle.
Asien-Vorstand Sanjiv Lamba sagte: „Wir erwarten in den nächsten Quartalen eine weitere Verbesserung in China.“ Im Gegensatz zu den meisten klassischen Chemiekonzernen verzeichnete Linde im dritten Quartal in Asien einen kräftigen Zuwachs.