Lokführer nehmen Güterzüge ins Streik-Visier

Berlin (dpa) - Die Lokführergewerkschaft GDL nimmt bei der für diese Woche angekündigten Ausweitung ihrer Streiks vor allem die Frachttransporte auf der Schiene ins Visier. Der Arbeitskampf werde so gestaltet, „dass der Güterverkehr der Deutschen Bahn im Fokus steht“.

Das sagte GDL-Vize Sven Grünwoldt am Dienstag im ZDF. Allerdings müssen auch Reisende wieder mit Störungen rechnen, da Personenzüge des bundeseigenen Konzerns und sechs großer Konkurrenzunternehmen „etwas zurückhaltender“ erneut einbezogen würden. Die Deutsche Bahn rief nochmals zu Verhandlungen auf. Industriefirmen wappnen sich schon für Alternativ-Lieferungen per Lastwagen im Fall eines Streiks.

Über Termine und Orte weiterer Arbeitsniederlegungen will die GDL mit zwölf Stunden Vorlauf informieren, wie Grünwoldt bekräftigte. Bis zum frühen Dienstagabend gab die Gewerkschaft vorerst keinen Aufruf zu Aktionen bereits an diesem Mittwoch bekannt.

Der Fahrgastverband Pro Bahn beklagte die schwelende Streikgefahr, nachdem Hunderttausende Reisende bei drei bisherigen Warnstreikwellen Ausfälle und Verspätungen hinnehmen mussten. Wenn nach den Winter- und Sommerproblemen ständige Streiks dazukämen, sei die Verlässlichkeit der Bahn nicht mehr gegeben, sagte der Vorsitzende Karl-Peter Naumann der dpa. Arbeitsniederlegungen im Güterverkehr könnten weitere Kreise ziehen. „Wenn man gar nicht erst losfährt an den Startpunkten der Rangierbahnhöfe, dann gibt es kaum Auswirkungen. Wenn man aber die Güterzüge irgendwo auf der Strecke stehen lässt, dann ist natürlich auch der Personenverkehr betroffen.“

Bereits 2007 hatte die GDL im Zuge des Tarifkampfes um einen eigenen Tarifvertrag bei der Deutschen Bahn auch Frachttransporte bestreikt. Bei einem 42-Stunden-Ausstand im November war der Güterverkehr in Ostdeutschland fast komplett zum Erliegen gekommen, in Westdeutschland fuhr nur noch jeder dritte Güterzug. Zu größeren Produktionsausfällen in der Industrie kam es allerdings nicht.

Wegen des nun drohenden Streiks hätten sich viele Firmen nach Alternativen umgesehen und mehr Lkw-Kapazitäten gesichert, teilte der Bundesverband Materialwirtschaft, Einkauf und Logistik mit. Dies gelte vor allem für Branchen mit Produktion nach genau getakteten Anlieferungen („just in time“) wie die Auto- und Chemieindustrie. Die meisten Unternehmen könnten aber einen einwöchigen Streik „relativ unbeschadet überbrücken“.

GDL-Vize Grünwoldt betonte im ZDF-„Morgenmagazin“, es gehe der Gewerkschaft nicht um gänzlich unbefristete Arbeitsniederlegungen. Auch die nun vorgesehenen Aktionen würden „befristet sein, sie werden allerdings ausgebaut werden.“ Die drei bisherigen Warnstreiks hatten zwei bis drei Stunden gedauert. In einer Urabstimmung hatten mehr als 90 Prozent der GDL-Mitglieder den Weg für unbefristete Streiks frei gemacht. Grünwoldt betonte, die Streikkasse sei gut gefüllt: „Wir können einen Streik sehr, sehr lange aushalten.“

Die GDL will einheitliche Bedingungen für rund 26 000 Lokführer bei der Deutschen Bahn und den sechs großen Konkurrenten Abellio, Arriva, Benex, Keolis, Veolia und Hessische Landesbahn durchsetzen. Eine Kernforderung sind Einkommen auf dem Niveau der Deutschen Bahn auch bei den anderen Bahnen, die teils deutlich niedrigere Konditionen haben. Die Deutsche Bahn bereitet sich auf mögliche Streiks vor, wie ein Sprecher sagte. „Wir setzen aber weiter darauf, dass verhandelt wird, statt zu streiken.“