Lufthansa streicht Arbeitsplätze und Dividende
Frankfurt/Main (dpa) - Die Lufthansa setzt trotz eines aktuellen Milliardengewinns ihren Sparkurs fort. Hunderte Jobs und Gewinnbeteiligungen für die Anteilseigner sollen gestrichen werden.
Konzernchef Christoph Franz will unter anderem die Hauptverwaltung am Stammsitz Köln und eine Tochtergesellschaft in Norderstedt bei Hamburg bis 2017 dichtmachen. Mindestens 700 Arbeitsplätze sind davon betroffen.
Den Aktionären will Lufthansa trotz eines Gewinns von fast einer Milliarde Euro im Geschäftsjahr 2012 die gewohnte Dividende streichen. Die Aktionäre waren zuletzt im Krisenjahr 2009 leer ausgegangen. Die Gewerkschaft Verdi kündigte bereits entschlossenen Widerstand gegen die am Dienstagabend vorgestellten Pläne zum Stellenabbau an.
Es handele sich um Konkretisierungen des bereits angekündigten Stellenabbaus im Rahmen des Sparprogramms „Score“, mit dem der Lufthansa-Konzern sein Ergebnis um 1,5 Milliarden Euro im Jahr steigern will, erläuterte das Unternehmen in Frankfurt. Ein rundes Drittel der angestrebten Einsparungen entfällt auf Personalausgaben. Weltweit will Europas größter Luftfahrtkonzern 3500 Jobs streichen, davon 2500 in Deutschland.
Von 200 Arbeitsplätzen in der Finanzverwaltung in Hamburg sollen 80 Prozent in ein „spezialisiertes Dienstleistungszentrum“ überführt werden, teilte Lufthansa weiter mit. Die Pläne würden in den nächsten Wochen mit den Arbeitnehmervertretungen diskutiert. Köln könnte noch in größerem Umfang betroffen sein, wenn die Zentrale der Regionaltochter Lufthansa CityLine nach München verlegt werden sollte.
Betroffen wären 300 Mitarbeiter, eine Entscheidung sei aber noch nicht gefallen. In Norderstedt geht es um das Tochterunternehmen Lufthansa Revenue Services GmbH. Ob auch der juristische Firmensitz von Köln verlegt werde, steht laut Lufthansa noch nicht fest. Zeitgleich gab der Vorstand milliardenschwere Investitionen in modernere und damit meist sparsamere Flieger bekannt.
Acht Langstreckenjets und 100 Kurz- und Mittelstreckenmaschinen will Franz nun bestellen und dafür rund neun Milliarden Euro ausgeben. Die Auslieferung der Flugzeuge ist für die Jahre 2015 bis 2025 geplant. Um welche Maschinen es sich handeln soll, verriet die Lufthansa zunächst nicht. Geplant ist eine konzernweit einheitlichere Flotte mit weniger Flugzeugtypen. Es liefen noch Verhandlungen mit den Herstellern Boeing und Airbus, hieß es in Frankfurt.
Im abgelaufenen Jahr profitierte die Lufthansa nach eigenen Angaben überraschend stark von Beteiligungsverkäufen. Zugleich brachte der Radikalschnitt bei der lange defizitären Tochter Austrian Airlines (AUA) Bares in die Kasse. Die Verlagerung des Betriebs auf deren Regionalflug-Ableger Tyrolean Airways schob den operativen Gewinn einmalig um 115 Millionen Euro in die Höhe.
Unter dem Strich verdiente der Dax-Konzern daher 990 Millionen Euro, nachdem er ein Jahr zuvor noch einen Verlust von 13 Millionen Euro eingeflogen hatte. Im operativen Geschäft lief es allerdings schlechter als 2011. Während der Umsatz um fünf Prozent auf 30,1 Milliarden Euro wuchs, ging der operative Gewinn um 36 Prozent auf 524 Millionen Euro zurück.
Erst im Oktober hatte Lufthansa-Chef Franz eine Verschärfung des Sparkurses angekündigt. Die bislang in Angriff genommenen Projekte wie das Programm „Score“ reichten nicht aus, um zusätzliche Belastungen auszugleichen, hieß es damals. Für das Sanierungsprogramm gab die Lufthansa 2012 rund 160 Millionen Euro aus. Nach unbestätigten Zahlen sollen bereits Ergebnisverbesserungen von rund 400 Millionen Euro erreicht worden sein.
Ohne Konflikte wird das Sparprogramm nicht ablaufen. Nach Ansicht der Gewerkschaft Verdi belasten die Pläne die Ende Februar anstehenden Tarifverhandlungen für Zehntausende Beschäftigte der Airline. Man werde den geplanten Abbau von Arbeitsplätzen mit allen zur Verfügung stehenden Mitteln bekämpfen, kündigte Verdi-Vorstandsmitglied Christine Behle am Mittwoch in Berlin an.
Dabei schloss sie ausdrücklich die Möglichkeit eines Streiks mit ein. In Norderstedt versammelten sich am Morgen mehr als 100 Beschäftigte des Tochterunternehmen Lufthansa Revenue Services GmbH. Sie protestierten gegen die Vorstandsbeschlüsse und forderten den Erhalt des Standortes. „Wir hatten mit dem Abbau von Arbeitsplätzen gerechnet, aber nicht mit der kompletten Schließung“, sagte Almut Auerbach von der Gewerkschaft Verdi. Nun werde die Arbeit vermutlich nach Indien, Polen oder Mexiko ausgelagert.
NRW-Wirtschaftsminister Garrelt Duin (SPD) nannte den Sparkurs „bedauerlich“. Frühere Bekenntnisse der Lufthansa-Vorstände zum 1953 begründeten Standort Köln würden nun in einem schiefen Licht erscheinen. Betriebsbedingte Kündigungen müssten unbedingt vermieden werden, forderte der SPD-Politiker in Düsseldorf.