Maschinenbau: Trotz guter Aussichten verunsichert
Frankfurt/Main (dpa) - Thomas Lindner glaubt nicht mehr daran, dass das Wirtschaftsleben wieder zu einem langsamen, ruhigen Fluss werden könnte. „Das Wildwasser wird zur Dauerinstitution für uns werden“, ist der Präsident des Verbandes Deutscher Maschinen- und Anlagenbau (VDMA) überzeugt.
Die extrem exportorientierte Vorzeigebranche will und muss beweglich bleiben, um auf die immer schnelleren Aufs und Abs der Weltwirtschaft reagieren zu können. Sorgen machen auch die Banken, bei denen die Kredite wegen schärferer Vorschriften möglicherweise bald nicht mehr so locker sitzen.
Selbst den eigenen Prognosen mögen die erfolgsverwöhnten Maschinenbauer nicht mehr so recht trauen. Das für 2012 vorhergesagte Produktionsplus von 4 Prozent nach dem Super-Boom in diesem Jahr (+14 Prozent) sei ein „bisschen kippelig“, sagt Lindner, dessen Mitglieder auf der anderen Seite fast nur von ausgelasteten Fabriken und prall gefüllten Auftragsbüchern berichten.
Doch die Order sind im Ernstfall wenig bis nichts wert, wie die Branche vor drei Jahren nach der Lehman-Pleite lernen musste. „Die Polster waren schnell weg, da wird verschoben und storniert.“ Trotzdem habe die Branche den tiefen Einschnitt überstanden. „Wir haben bewiesen: Wir kommen mit Krisen zurecht.“ Die Mittel der schnellen Anpassungen sind Leiharbeit, befristete Verträge, Kurzarbeit und Arbeitszeitkonten, die aber kaum so gut gefüllt sein dürften wie noch 2008.
Und obwohl nach Lehman die auch vom VDMA viel beschworene Kreditklemme nicht Realität wurde, geht wieder die Sorge um die überlebensnotwendigen Kredite für die teuren Investitionsgüter um. Er könne derzeit den Beweis nicht führen, dass es bei der Kreditvergabe an den Mittelstand stocke, sagt Lindner. Vielmehr seien die Budgets der Großbanken wohl nicht ausgelastet. Aber das könne sich angesichts der notwendigen Verkleinerung des Bankwesens schnell ändern. Wer es sich unter den Maschinenbauern leisten kann, sammelt derzeit zur konkreten Risikovorsorge Liquidität, berichtet Hauptgeschäftsführer Hannes Hesse.
Die Aussichten für die einzelnen Branchenzweige im Maschinenbau liegen teils himmelweit auseinander. Während etwa Werkzeugmaschinenbauer wie die in Bielefeld ansässige Gildemeister AG weiter unter „Volldampf“ laufen, wie Unternehmenschef Rüdiger Kapitza sagt, steckt die Druckmaschinenbranche in einer tiefen Strukturkrise. Nicht zuletzt die Insolvenz von Manroland im November und erneute drohende Einschnitte beim Marktführer Heidelberger Druck führten das vor Augen.
Mit einer lange Zeit unbekannten Malaise kämpft der auf Leuchtdioden-Anlagen spezialisierte Spezialmaschinenbauer Aixtron. Galt China mit seinen staatlich gestützten Investitionen in die energiesparende LED-Technik lange Zeit als eine Art gelobtes Land für die Aachener, spürt das Unternehmen nun spätestens seit dem Sommer eine große Unsicherheit im Markt. In der Folge brachen die Investitionen und damit die Aufträge aus Asien ein. Analysten sehen starke Überkapazitäten am Markt, Aixtron-Chef Paul Hyland hingegen nur „eine vorübergehende Phase der Unsicherheit.“
Verbandschef Lindner sieht die Nachfrage aus dem Reich der Mitte sogar noch weiter steigen: Die schnell wachsenden Lohnkosten machten Druck zum Einsatz hochwertiger Technologien - die notwendigen Maschinen liefern die deutschen Hersteller gerne. Das Lager der Optimisten überwiegt denn auch in den Vorständen. So kann etwa Hans-Jürgen Thaus, Finanzchef des Getränkeabfüllanlagen-Herstellers Krones, keine Krisenstimmung bei den Kunden ausmachen. Aktuell werde zu viel über die Euro-Krise gesprochen, meint der Manager. „Auf der Welt gibt es im Moment keine Krise in dem Sinne, dass die Menschen nicht essen und trinken müssen. Das wächst, und da sind wir richtig unterwegs.“