Massive Streiks lähmen Leben in Griechenland
Athen (dpa) - Müllberge in den Straßen, lahmgelegte Flughäfen, vom Festland abgeschnittene Inseln: In Griechenland haben mehrere hunderttausend streikende Beamte und Arbeitnehmer das öffentliche Leben weitgehend lahmgelegt.
Ab diesem Mittwoch sollte das Land von einer noch größeren Streikwelle getroffen werden - als Protest gegen den Sparkurs der Regierung von Ministerpräsident Giorgos Papandreou, der massive Lohn-Kürzungen und Massenentlassungen vorsieht. Die Fluglotsen haben angekündigt, am Mittwoch für zwölf Stunden zu streiken.
Wie die Gewerkschaft der griechischen Fluglotsen am Dienstagabend mitteilte, wird der Streik am Mittwoch um 00.01 Uhr (23.01 Uhr MESZ) beginnen und zwölf Stunden später enden. Die Fluglinien riefen ihre Kunden auf, umgehend Kontakt mit ihnen aufzunehmen, weil viele bereits annullierte Flüge am Mittwoch doch stattfinden werden. Unklar blieb, ob und für wie lange die Fluglotsen am Donnerstag streiken wollen. Ursprünglich sollte der Streik zwei volle Tage dauern.
Griechenland-Urlauber müssen umplanen: Die deutschen Reiseveranstalter bereiten sich mit Sonderflugplänen auf den Fluglotsenstreik in dem Euro-Krisenland vor. Bei Tui sind nach Unternehmensangaben rund 6000 Gäste betroffen, die am Mittwoch und Donnerstag fliegen wollten. Alle Flüge würden erst nach Beendigung des Streiks in den griechischen Ferienzielen landen, erklärte Tui. Die Gäste würden über die geänderten Flugzeiten informiert. Tui empfiehlt den Urlaubern zudem, sich im Internet oder im Reisebüro auf dem Laufenden zu halten.
Bei den Veranstaltern der Thomas-Cook-Gruppe mit der Hauptmarke Neckermann sind nach Unternehmensangaben rund 3000 Gäste betroffen. Die zum Konzern gehörende Fluggesellschaft Condor erstellte ebenfalls einen Ersatzflugplan, ebenso wie Germanwings. Die Fluggesellschaft teilte mit, betroffene Passagiere könnten rund um die Uhr den Status Ihres Fluges im Internet einsehen.
Papandreou rief seine Landsleute auf, nicht mehr zu streiken. „Wenn wir das Land zersetzen, werden wir nicht das Geld finden, um Löhne und Renten zu zahlen“, warnte er seine Landsleute in einer Rede im Parlament in Athen. Seine Regierung werde dem Druck der Streiks standhalten.
Wegen der Gefahr eines Seuchenausbruchs verpflichtete die Regierung die streikenden Müllarbeiter zum Dienst. Nach Schätzungen liegen allein in der Hauptstadt Athen mehr als 30 000 Tonnen Müll herum. Die für die öffentliche Gesundheit zuständige Behörde bezeichnete die Situation als „Bombe“. In einigen Fällen seien bereits Ratten gesichtet worden. Die Beseitigung der riesigen Müllberge soll nach ersten Schätzungen der Kommunen im Großraum Athen etwa eine Woche dauern.
Viele Seeleute erschienen den zweiten Tag in Folge nicht zur Arbeit, zwischen Piräus und den Ägäis-Inseln fielen die Fährverbindungen aus. Arbeitsniederlegungen gab es auch im Gesundheitsbereich. Viele Staatsbedienstete blockierten zudem die Eingänge von Ministerien. Im Radio und im Fernsehen gab es keine Nachrichten, am Mittwoch sollten keine Zeitungen erscheinen.
Die Lage soll sich ab Mittwoch noch einmal verschärfen: Dann planen die beiden größten Gewerkschaftsverbände des staatlichen und privaten Bereichs (GSEE und ADEDY) noch weitreichendere Streiks. Alle Staatsbediensteten sollen demnach nicht zur Arbeit erscheinen. Bus- und U-Bahnfahrer wollen für mehrere Stunden die Arbeit niederlegen, die Taxieigner für 48 Stunden.
Am Donnerstag will das Parlament in Athen ein neues Gesetz billigen, mit dem erstmals seit 100 Jahren Entlassungen von Staatsbediensteten ermöglicht werden sollen. Zudem sollen die Löhne und Gehälter von Beamten und anderen Staatsbediensteten um weitere 20 Prozent gekürzt und weitere Steuern erhoben werden. Die regierenden Sozialisten verfügen über eine knappe Mehrheit von 154 Abgeordneten im 300-köpfigen Parlament.