Mega-Fusion in der Rohstoffbranche
Baar/London (dpa) - Der weltgrößte Rohstoffhändler Glencore und das Bergbauunternehmen Xstrata wollen zu einem Mega-Konzern fusionieren. Durch einen „Zusammenschluss unter Gleichen“ soll eine Gesellschaft mit einem Jahresumsatz von fast 210 Milliarden Dollar entstehen.
Dies wurde am Dienstag am Glencore-Sitz im Schweizerischen Baar (Kanton Zug) bekanntgegeben. Gemeinsam würden Glencore und der britisch-schweizerische Konzern Xstrata die gesamte Kette der Wertschöpfung von der Förderung über den Transport bis zum Verkauf von Bodenschätzen unter einem Dach vereinen. Allerdings regte sich gegen die Mega-Fusion gleich nach ihrer Bekanntgabe auch Widerstand.
Zusammen bringen es die beiden Unternehmen auf einen Marktwert von rund 90 Milliarden US-Dollar (68,7 Mrd Euro) und einen operativen Gewinn (EBITDA) von gut 16,2 Milliarden Dollar. Xstrata gab Dienstag neben den Fusionsplänen eine Steigerung seines Umsatzes im Jahr 2011 um 11 Prozent auf 33,87 Milliarden Dollar bekannt. Der operative Gewinn stieg um 10 Prozent auf 8,43 Milliarden Dollar, der Reingewinn um 22 Prozent auf 5,71 Milliarden Dollar.
Analysten am Finanzplatz Zürich rechnen mit möglichen Einsparungen durch den Zusammenschluss von bis zu 700 Millionen US-Dollar, wenn die Konzerne ihre jeweiligen Kompetenzen im Bergbaubereich sowie in der weltweiten Rohstoffvermarktung vereinen.
Die Zustimmung der Wettbewerbsbehörden steht noch aus. Sie dürften sehr genau hinschauen, denn der anvisierte Riesenkonzern würde einen wesentlichen Teil des Marktes für Kohle, Zink und weitere wichtige Rohstoffe kontrollieren können.
Zudem drohen einige Aktionäre, Sand ins Getriebe zu streuen, wenn Glencore sein Angebot nicht aufstockt. Der Rohstoffhändler hat pro Xstrata-Anteilsschein 2,8 eigene Aktien geboten sowie einen Gesamtanteil an dem fusionierten Unternehmen von 45 Prozent in Aussicht gestellt. Insgesamt wird Xstrata dadurch mit knapp 62 Milliarden Dollar bewertet. Das entspricht einem Zuschlag von gut 15 Prozent auf den Schlusskurs vom vergangenen Mittwoch.
Die britischen Vermögensverwalter Standard Life Investments und Schroders, die zu den zehn größten Xstrata-Investoren zählen, lehnten das Angebot als zu gering ab. „Wir werden gegen die Fusion stimmen, wenn die Bedingungen für die Xstrata-Anteilseigner nicht erheblich nachgebessert werden“, kündigte David Cumming an, der Chef der Aktienabteilung von Standard Life. Richard Buxton vom Finanzhaus Schroders sagte Journalisten, der Deal sei „nicht überzeugend“ für Xstrata-Aktionäre. „Warum sollen sie nicht wenigstens 50 Prozent bekommen?“, zitierte ihn der Londoner „Guardian“.
Allein können die zwei Investmentfirmen, die laut britischen Medienberichten zusammen weniger als 4 Prozent an Xstrata halten, den Deal nicht verhindern. Sollte es ihnen jedoch gelingen, weitere Aktionäre auf ihren Gegenkurs einzuschwören, könnten sie die Pläne unter Umständen zu Fall bringen.
Der Xstrata-Vorstand hat seinen Anteilseignern die Annahme des Glencore-Angebots empfohlen. Sie müssen nun im April darüber entscheiden. Drei Viertel der Stimmen wären ausreichend. Da jedoch die schon bei Glencore liegenden Anteile an Xstrata nicht stimmberechtigt sind, könnte rechnerisch schon eine Minderheit von 16,4 Prozent der Xstrata-Aktionäre die Fusion blockieren.
Branchenexperten sehen die Vorteile eines Zusammenschlusses vor allem für Glencore. Als Rohstoffhändler sind die Margen des Konzerns viel kleiner als die von einem Förderunternehmen wie Xstrata.
Glencore ist mit 34 Prozent bereits größter Xstrata-Aktionär. Beide Firmen haben ihren Sitz im steuerlich günstigen Schweizer Kanton Zug. Auch die personellen Weichen für eine Fusion sind gestellt. Chef des Mega-Konzerns soll der Xstrata-Vorstandschef Mick Davis werden, Glencore-Chef und Hauptaktionär Ivan Glasenberg will sich mit der Rolle als Stellvertreter begnügen. Die Spitze des Verwaltungsrats soll mit John Bond der bisherige Xstrata-Chairman übernehmen.
In der Branche war erst im Jahr 2010 die Zusammenlegung der Eisenerzsparten der beiden Konzerne Rio Tinto und BHP Billiton am Widerstand der Kartellbehörden gescheitert. Anders als bei der jetzt geplanten Fusion war damals aber der Zusammenschluss von Produktionsstätten geplant, während sich die Geschäftsfelder von Xstrata und Glencore kaum überschneiden. Zudem käme nach Brancheneinschätzung das fusionierte Unternehmen bei keinem Rohstoff auf einen Marktanteil von mehr als 25 Prozent.