Mehdorn wegen Mehrkosten am Hauptstadtflughafen unter Druck
Schönefeld (dpa) - Wegen der Mehrkosten am Hauptstadtflughafen gerät Airportchef Hartmut Mehdorn unter Druck. Der Aufsichtsrat wollte bei einer Sitzung am Freitag in Schönefeld zunächst genauere Angaben zum weiteren Finanzbedarf des Milliardenprojekts erhalten.
Es geht wahrscheinlich um 1,1 Milliarden Euro zusätzlich.
Eine Sprecherin des Bundesverkehrsministeriums sagte, die Summe werde dem Kontrollgremium vorgelegt. Zugleich betonte sie am Abend, sie könne den Betrag nicht bestätigen, weil der Aufsichtsrat noch tage. Das Kontrollgremium mit Berlins Regierungschef Klaus Wowereit (SPD) an der Spitze rang auch um ein längeres Nachtflugverbot. Ergebnisse wurden bis zum Abend nicht bekannt.
Die Summe von 1,1 Milliarden Euro hat Mehdorn in mehreren Gremien genannt, nach dpa-Informationen auch am Donnerstag bei einem Treffen mit Haushaltspolitikern des Bundestags. Damit würden die Gesamtkosten auf 5,4 Milliarden Euro steigen.
Brandenburgs Finanzminister Christian Görke (Linkspartei) sagte vor Beginn der Aufsichtsratssitzung: „Ich weiß nicht, um wie viel Geld es geht.“ Es liege ihm bislang ein Sammelsurium von Zahlen vor, die er „nicht nachvollziehen“ könne. Die Geschäftsführung müsse nun für Klarheit sorgen.
Die Grünen im Bundestag sprachen von einer neuerlichen Kostenexplosion, die zeige, „dass das Management und das Controlling des Aufsichtsrats versagen“. „Und das werden bestimmt nicht die letzten Kostensteigerungen sein“, sagte Grünen-Haushaltsexperte Sven-Christian Kindler. „Viele Risiken und Kosten sind bisher nicht eingepreist.“
Der Verband Deutscher Grundstücksnutzer wies Aussagen Mehdorns zurück, der Schallschutz für Anwohner habe die Kosten unerwartet erhöht. Die von Mehdorn zuletzt genannte Summe von 730 Millionen Euro für den Schallschutz sei längst bekannt. Die Flughafenbetreiber hätten versucht, die Betroffenen mit einem deutlich niedrigeren Schutzniveau abzuspeisen, seien aber damit vor Gericht gescheitert.
Brandenburg wollte im Aufsichtsrat auf ein längeres Nachtflugverbot dringen. Bislang ist ein Flugverbot von 0.00 Uhr bis 5.00 geplant und höchstrichterlich genehmigt. Brandenburg folgt jedoch einem Volksbegehren, das fordert, dass von 22.00 Uhr bis 6.00 Uhr nicht geflogen wird, was die beiden anderen Eigentümer, das Land Berlin und der Bund, ablehnen.
Als Kompromiss will Brandenburg beantragen, zumindest am Morgen erst ab 6.00 Uhr zu fliegen. Auch das lehnen die beiden anderen Gesellschafter ab. Görke sagte, Brandenburg werde sich auch dann für mehr Nachtruhe einsetzen, wenn der Bund und Berlin die Anträge Brandenburgs im Aufsichtsrat ablehnten.
Vor dem Verwaltungsgebäude, in dem der Aufsichtsrat am Nachmittag noch tagte, protestierten zwei Dutzend Flughafenanwohner gegen die bisher geplante Nachtflugregelung. Die Grünen im Brandenburger Landtag möchten weitere Zahlungen an die Flughafengesellschaft an eine Ausweitung des Nachtflugverbots von 22.00 Uhr bis 6.00 Uhr knüpfen. Ein entsprechender Antrag soll an diesem Montag im Flughafen-Sonderausschuss des Landtags eingebracht werden.
Wegen schwerer Bau- und Planungsfehler beim Bau steht für den neuen Flughafen noch immer kein Eröffnungstermin fest. Der notwendige Umbau der komplexen Entrauchungsanlage kommt kaum voran. Je länger das dauert, desto länger dauert es bis zur Eröffnung.