Merkel will Weidmann als Bundesbank-Chef

Berlin (dpa) - Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) will ihren Wirtschaftsberater Jens Weidmann zum neuen Bundesbank-Präsidenten machen. Das erfuhr die Nachrichtenagentur dpa aus Regierungs- und Koalitionskreisen.

Allerdings hat FDP-Chef Guido Westerwelle noch kein grünes Licht gegeben.

Der 42-jährige Weidmann wäre der jüngste Notenbank-Chef in der Geschichte der Bundesbank. Der Spitzenposten wird vorzeitig frei, weil Noch-Präsident Axel Weber Ende April zurücktritt. Die Opposition warnt, ein direkter Wechsel Weidmanns gefährde die Unabhängigkeit der Bundesbank.

Offen ist, ob Weidmann zum 1. Mai oder erst später Bundesbank-Chef wird. Der Ökonom könnte zunächst als Vize-Präsident nach Frankfurt gehen, so wie es vor dem überraschenden Weber-Rückzug geplant war. Wechselt Weidmann sofort an die Spitze, muss Merkel Ersatz auf der Vize-Position finden. Die Bundesregierung hat sowohl für den Präsidenten als auch dessen Vertreter das Vorschlagsrecht. Nach dpa-Informationen könnte so demnächst erstmals eine Frau in den Bundesbank-Vorstand einziehen.

Am Dienstag hatte Merkel mit Westerwelle über die Weber-Nachfolge beraten, die eigentlich am Mittwoch im Kabinett abgesegnet werden sollte. Anschließend hieß es aus der FDP-Spitze: „Es gibt noch Gesprächsbedarf.“ Es könne ein unguter Eindruck enstehen, wenn Weidmann direkt aus dem Kanzleramt in die Notenbank-Spitze gehe. Der Topbeamte war früher bereits Abteilungsleiter für Geldpolitik in der Bundesbank.

Die Grünen kritisierten die geplante Berufung des Merkel-Vertrauten scharf. „Herr Weidmann war mitverantwortlich für die Wirtschaftspolitik von Angela Merkel, die zu einem verlorenen Jahr in der Euro-Rettung führte“, sagte der grüne Finanzpolitiker Gerhard Schick dem „Handelsblatt“ (Mittwoch).

Auch die SPD ist besorgt um die Unabhängigkeit der Bundesbank. „Weidmann müsste als undesbankpräsident politische Entscheidungen und Gesetze bewerten, auf die er selbst starken Einfluss hatte“, sagte der haushaltspolitische Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion, Carsten Schneider, der „Rheinischen Post“.

Merkel hatte Weidmann Anfang 2006 als ihren Berater ins Kanzleramt geholt. Er bereitet auch die Weltwirtschaftsgipfel im Kreis der G8- und G20-Staaten vor. In der Finanzkrise gehörte Weidmann zum kleinen Kreis der Spitzenbeamten, die die gigantischen Rettungspakete für Banken und Wirtschaft steuerten.

Weidmann, der auch beim Internationalen Währungsfonds und bei den Wirtschaftsweisen gearbeitet hatte, gilt als strikter Verfechter einer stabilen Währung. Die tatsächliche Macht der Bundesbank ist seit Gründung der Europäischen Zentralbank aber stark geschrumpft. Der Bundesbank-Präsident verdient rund 400 000 Euro.

Weber, der mit seinem plötzlichen Rückzug mitten in der Euro-Schuldenkrise Merkel in Schwierigkeiten brachte, hatte sich für Weidmann als seinen Nachfolger stark gemacht. „Jetzt ist es Zeit, jüngere Kräfte ranzulassen.“ Weidmann sei „ein hervorragender Ökonom“ und „ein absoluter Profi“, sagte Weber im „Spiegel“. Ihm zu viel Nähe zur Politik vorzuwerfen, sei nicht gerechtfertigt.

Nach Webers Abgang beharrt die Bundesregierung nicht mehr auf einem Deutschen an der Spitze der Europäischen Zentralbank (EZB). Merkels Kandidat Weber galt lange als Favorit für die Nachfolge von EZB-Präsident Jean-Claude Trichet, der im Herbst aufhört. Weber hatte sich mit seiner Kritik am EZB-Krisenmanegement in der Euro-Schuldenkrise international isoliert und schließlich das Handtuch geworfen.