Middelhoff als Zeuge: Schickedanz wollte eine Milliarde Euro erlösen

Köln (dpa) - Ex-Arcandor-Chef Thomas Middelhoff hat im Kölner Schadenersatzprozess von Quelle-Erbin Madeleine Schickedanz deren Darstellung in Teilen gestützt.

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Als man 2005 eine Lösung für den angeschlagenen KarstadtQuelle-Konzern - später Arcandor - suchte, habe Schickedanz deutlich gemacht, dass sie nicht dauerhaft Hauptaktionärin bleiben wolle, sagte Middelhoff als Zeuge vor dem Landgericht.

Sie habe geäußert, dass ihr für ein weiteres Engagement keine Mittel mehr zur Verfügung stünden, nachdem sie sich für eine Kapitalerhöhung 2004 hoch verschuldet habe - so gab der frühere Konzernchef die Haltung der heute 71-Jährigen wieder.

In dem Zivilverfahren fordert die frühere Milliardärin insgesamt 1,9 Milliarden Euro von 14 Beklagten. Ihre Klage richtet sich vor allem gegen ihren einstigen Vermögensberater Josef Esch und ehemalige Verantwortliche der Bank Sal. Oppenheim.

Diese hätten ihr Vermögen gegen ihren Willen riskant angelegt und verschleudert. Die Beklagten weisen die Vorwürfe zurück. Der Vorsitzende Richter Stefan Singbartl hatte bereits Ende 2012 durchblicken lassen, die Argumentation der Klägerin erscheine ihm nicht sehr überzeugend. Überraschend erschien Schickedanz am Dienstag selbst zum Prozess.

Middelhoff sagte, im März 2005 habe man sich auf ein Konzept geeinigt, um KarstadtQuelle von der Börse zu nehmen. Er selbst habe Vorschläge für ein solches Delisting unterbreitet. Schickedanz sollte ihren Aktienanteil von gut 30 Prozent einbringen. Sie habe der Vereinbarung zugestimmt, weil sie angenommen habe, kein zusätzliches wirtschaftliches Risiko einzugehen, gab Middelhoff an. Ziel sei gewesen, einen bestimmten Geldbetrag zu erlösen, auch zur Sicherung ihres Lebensabends. „Sofern mich meine Erinnerung nicht täuscht, war das eine Milliarde Euro“, sagte Middelhoff.

Für das Vorhaben war Schickedanz dem Zeugen zufolge unverzichtbar, weil sie als Großaktionärin mit ihrem 30-Prozent-Anteil als einzige Person Aktien bis zu einer satten Mehrheit von 74,9 Prozent hätte zukaufen können, ohne ein Übernahmeangebot abgeben zu müssen. Da sie aber selbst über keine Mittel mehr verfügt habe, sei vereinbart worden, dass man über den Namen Schickedanz Aktien zukaufen wolle, deren Eigentümerin sie aber nicht sein sollte, schilderte Middelhoff die damaligen Planungen.

Von Seiten ihrer damaligen Hausbank Sal. Oppenheim und der Oppenheim-Esch-Holding sollten Middelhoff zufolge bis zu 700 Millionen Euro für den Ankauf zusätzlicher Aktien kommen. Der Begriff „Strohfrau“ sei zwar erst später gefallen, er treffe aber inhaltlich durchaus zu, sagte der Ex-Acandor-Chef. In diesem Punkt stütze er die Angaben von Schickedanz' Ehemann Leo Herl.

Herl hatte in der vergangenen Woche als Zeuge ausgesagt, seine Frau habe schon 2004 deutlich gemacht, ihren Aktienanteil nicht weiter aufstocken zu wollen, daraufhin sei ihr eine „Strohfrau-Konstruktion“ angeboten worden. Treibende Kraft war Herl zufolge Josef Esch. Dieser habe Schickedanz zugesagt, sie solle nur ihren Namen für den Kauf geben, die Bank werde finanzieren - und Schickedanz trage kein Risiko. Middelhoff erklärte, an eine solche Äußerung von Esch könne er sich zwar nicht erinnern, sie decke sich aber inhaltlich mit seinen eigenen damaligen Schlussfolgerungen.

Von der Börse wurde Arcandor zum damaligen Zeitpunkt doch nicht genommen, weil sich kein zusätzlicher Finanzinvestor fand und ohne diesen das Konzept nicht realisierbar schien. 2009 meldete Arcandor Insolvenz an, und Schickedanz verlor ihrer Darstellung zufolge einen Großteil ihres Vermögens. Wie viel sie heute noch besitzt, ist unbekannt.