Millionenprämien vor Pleite Middelhoff steht wegen Anstiftung zur Untreue vor Gericht
Essen (dpa) - Noch kurz vor der Pleite gewährte der Karstadt-Mutterkonzern Arcandor Ende 2008 zwei Topmanagern millionenschwere Erfolgsprämien: Deshalb müssen sich Ex-Konzernchef Thomas Middelhoff und sechs Aufsichtsratsmitglieder vor dem Essener Landgericht verantworten.
Unter den Mitangeklagten sind auch der frühere Aufsichtsratschef Friedrich Carl Janssen und der Ehemann der Quelle Erbin und früheren Arcandor-Großaktionärin Madeleine Schickedanz, Leo Herl.
Staatsanwältin Daniela Friese warf Middelhoff zum Prozessauftakt Anstiftung zur Untreue vor. Den sechs ehemaligen Aufsichtsratsmitgliedern legt sie Untreue zur Last. Insgesamt geht es um Bonuszahlungen in Höhe von 3,8 Millionen Euro, die der Aufsichtsrat laut Anklage bewilligte, obwohl es keinen Anspruch der Manager auf das Geld gab und der Konzern auch in Zukunft keine Vorteile durch die Zahlung zu erwarten hatte, da beide Manager auf dem Absprung waren.
Den Aufsichtsräten seien die wirtschaftlichen Nachteile für den ohnehin angeschlagenen Konzern gleichgültig gewesen. Ihr Ziel sei es gewesen, das Gehaltsgefüge trotz der Turbulenzen, in denen sich Arcandor befand, auf gleichmäßigem Niveau zu halten. Dabei hätten sie „Vermögensverluste großen Ausmaßes“ für das Unternehmen in Kauf genommen und damit ihre Pflichten verletzt, heißt es in der Anklage.
Hauptnutznießer der Zahlungen war Middelhoff, der rund 2,3 Millionen Euro erhielt. Ihm wirft die Staatsanwaltschaft wegen seiner Mitwirkung an der Entscheidungsfindung Anstiftung zur Untreue vor.
Middelhoffs Verteidigerin Anne Wehner wies die Vorwürfe jedoch am ersten Verhandlungstag entschieden zurück. Zwar habe Middelhoff mit Janssen über einen Bonus verhandelt. Daraus den Vorwurf einer Anstiftung zur Untreue zu konstruieren, sei aber nicht haltbar.
Janssen habe bei dem Aufsichtsratsbeschluss weder die von Middelhoff vorgeschlagene Prämiensumme von 3,8 Millionen Euro akzeptiert, noch habe er dessen Begründung für die Sonderprämie für den Aufsichtsratsbeschluss übernommen. „An der Anklage ist nichts dran. Man rätselt, was Herrn Middelhoff überhaupt vorgeworfen wird“, sagte Wehnert später am Rande des Verfahrens.
Auch Janssen und Herl wiesen in Erklärungen ihrer Verteidiger die Vorwürfe zurück. Der Aufsichtsrat habe nach pflichtgemäßem Ermessen gehandelt, betonte Janssens Anwalt. Herls Anwalt betonte, die Familie Herl-Schickedanz habe durch die Arcandor Insolvenz einen Großteil ihres Privatvermögens verloren. Für seinen Mandanten hätte es nach seinen Worten keinerlei Sinn gemacht, vorsätzlich Nachteile für das Unternehmen in Kauf zu nehmen. Die anderen Angeklagten wollen sich erst am kommenden Montag zu den Vorwürfen äußern.
Für den Prozess sind insgesamt 34 Verhandlungstage bis zum 21. Dezember 2017 vorgesehen. Middelhoff war bereits im November 2014 vom Landgericht Essen unter anderem wegen Untreue zu einer dreijährigen Gefängnisstrafe verurteilt worden.