Mittelstand: Stimmung ist mau

Nur 36 Prozent der Unternehmer bewerten die Geschäftslage als „gut“. Sie erwarten von der Politik Steuerentlastungen.

Berlin. Die Wirtschaft ist stark, der Euro stabil. Das verkündet die CDU auf ihren Wahlplakaten. „Gut gemacht, Deutschland“, frohlockt die FDP. Doch ganz entspricht der Jubelgesang nicht der ökonomischen Realität. Bei den kleineren Firmen ist die Stimmung eher durchwachsen.

Das zeigt das am Donnerstag in Berlin präsentierte aktuelle „Mittelstandsbarometer“. So ist der Anteil jener Mittelständler, die ihre Geschäftslage als schlecht oder sehr schlecht bezeichnen, seit dem Vorjahr sprunghaft um acht auf 16 Prozent gewachsen. Und als „gut“ bewerten nur noch 36 Prozent ihre laufenden Geschäfte, statt wie vor zwölf Monaten 53 Prozent. Niedriger war der Wert nur 2009, mitten in der Finanzkrise. Besonders dramatisch: 18 Prozent der befragten 700 Mittelständler sehen ihre Firma derzeit in einer kritischen Situation. Das waren vor einem Jahr nur vier Prozent.

Nach Einschätzung der Unternehmensberatung Ernst & Young, die das Mittelstandsbarometer halbjährlich erstellen lässt, sprechen aus diesen Werten die Folgen der Euro-Krise und der Konjunkturdelle. Da der Mittelstand das Rückgrat der deutschen Wirtschaft darstellt, ist die Stimmung dort nicht ganz unerheblich für die Regierungsparteien. So glaubt eine klare Mehrheit der Firmen nicht, dass die Eurokrise überstanden ist. 59 Prozent erwarten, dass das dicke Ende noch kommt, 32 Prozent rechnen mit einem Auseinanderfallen der Währungsunion.

Zu denken geben dürfte Angela Merkel und Philipp Rösler auch, was die kleinen und mittleren Unternehmer nun von der Politik erwarten. Steuerentlastungen oder eine Lockerung des Kündigungsschutzes rangieren ziemlich weit unten auf der Wunschliste. Ganz oben stehen der Bürokratieabbau, die Senkung der Lohnnebenkosten und die Steigerung öffentlicher Investitionen. Mehr getan werden muss auch gegen den Fachkräftemangel, der die Firmen schon jetzt jährlich 33 Milliarden Euro Umsatz kostet, so Ernst & Young.

Dennoch blicken die Firmen durchaus optimistisch nach vorne. So erwarten insbesondere Handel und Baubranche eine Besserung durch eine steigende Inlandsnachfrage. Die relativ hohen Tarifabschlüsse schlagen positiv auf die Stimmung der Mittelständler durch. 40 Prozent glauben, dass sich ihre Geschäftslage bis Jahresende besser entwickeln wird, 51 Prozent rechnen mit einem um durchschnittlich 1,6 Prozent steigenden Umsatz. Und 35 Prozent glauben, dass sich nicht nur ihre Lage, sondern auch die der ganzen Wirtschaft in Deutschland wieder aufhellt.