Nach Streik-Ende: Bahn und GDL wollen verhandeln
Berlin/Leipzig (dpa) - Nach dem vorzeitigen Ende des Lokführerstreiks wollen Bahn und Gewerkschaft GDL wieder verhandeln. „Wir diskutieren jetzt erstmal nicht über Streiks“, sagte GDL-Chef Claus Weselsky am Samstag auf dem Leipziger Hauptbahnhof.
„Wir warten auf Verhandlungen.“
Bahn-Chef Rüdiger Grube sagte der „Bild am Sonntag“, das Unternehmen sei jederzeit zu Verhandlungen bereit. „Jeder Tag zählt.“ Einen neuen Termin für Verhandlungen gibt es bislang nicht. Auch nach Streikende waren am Sonntag noch viele Züge verspätet oder fielen aus. Am Montag sollten die Verbindungen wieder normal funktionieren.
Im Fernverkehr fuhren am Sonntag nach Angaben der Bahn auf den Hauptstrecken nur 60 Prozent der üblichen Züge. Wagen und Personal müssten erst wieder an ihren jeweiligen Einsatzort gelangen. Im Nah- und Regionalverkehr rollten im Schnitt rund 80 Prozent der normalen Verbindungen.
Die Gewerkschaft Deutscher Lokomotivführer (GDL) hatte ihren Streik am Samstagabend um 18.00 Uhr beendet - nach 64 Stunden im Personenverkehr und 75 Stunden im Güterverkehr. Weselsky hatte am Freitag nach zwei Siegen vor Gericht gegen die Bahn überraschend eine „Versöhnungsgeste“ angekündigt - in Form eines früheren Streikendes. Ursprünglich sollte der Ausstand bis Montagfrüh andauern.
Die Gewerkschaft fordert in dem Tarifkonflikt für die Beschäftigten mehr Geld sowie eine kürzere Arbeitszeit. Vor allem will sie neben den Lokführern künftig auch das übrige Zugpersonal in Verhandlungen vertreten, für das bislang die Eisenbahn- und Verkehrsgewerkschaft (EVG) zuständig ist. Die Bahn dagegen will konkurrierende Tarifverträge einzelner Berufsgruppen verhindern. Weselsky sagte in Leipzig, er sei bereit zu parallelen Verhandlungen der Bahn mit GDL und EVG zur gleichen Zeit und am gleichen Ort.
Bahn-Chef Grube forderte die GDL zum Einlenken auf. Diese müsse sich „ihrer Verantwortung bewusst und zu Kompromissen bereit sein“, sagte er der „Bild am Sonntag“. Die Bahn habe Kompromisse angeboten und mehrere Schlichtungen vorgeschlagen. „Die GDL sagt aber bisher zu allem kategorisch Nein.“ Grube zeigte sich außerdem verärgert über Weselsky. Der GDL-Chef habe das Prinzip der Verhältnismäßigkeit zwischen den Sozialpartnern verletzt.
Die GDL signalisierte, streikbereit zu bleiben. Der Vorsitzende für Berlin, Sachsen und Brandenburg, Frank Nachtigall, machte am Samstag im rbb-Inforadio deutlich, falls die Bahn nicht einlenke, werde es zu weiteren Ausständen kommen.
Der Chef der Bundesnetzagentur, Jochen Homann, kritisierte den fehlenden Wettbewerb im Fernverkehr auf der Schiene. „Der Streik der Lokführer zeigt eindeutig, wie wichtig es ist, dass Verkehrsleistungen nicht nur von einem Unternehmen erbracht werden“, sagte Homann dem „Tagesspiegel“ (Montagausgabe).
Unterdessen bereiteten Brandanschläge auf Bahnanlagen in Norddeutschland zusätzliche Probleme für den Bahnverkehr. Dort fielen die Hälfte der Züge aus. Unbekannte hatten am Samstag in Bremen, Niedersachsen und Brandenburg in Kabelschächten entlang der Gleise Feuer gelegt. Zu den Anschlägen bekannten sich im Internet „Autonome Gruppen“. Die Staatsschutzabteilungen der Landespolizeibehörden übernahmen die Ermittlungen.