Neuer Anlauf: Vonovia plant wieder Milliarden-Übernahme
Bochum/Wien (dpa) - Die Atempause bei Deutschlands größtem Vermieter Vonovia dauerte gerade mal gut sechs Monate: Nach der gescheiterten Übernahme des Konkurrenten Deutsche Wohnen ist der Bochumer Immobilienriese wieder auf Übernahmekurs.
Ziel der von Vonovia-Chef Rolf Buch diesmal ausdrücklich als „freundlich“ eingestuften Milliarden-Offerte ist das börsennotierte Wiener Immobilienunternehmen Conwert.
Mit einem erwarteten Gesamtvolumen von rund 2,9 Milliarden Euro und rund 24 500 vorwiegend in Deutschland gelegenen Wohnungen würde die Übernahme jedoch deutlich kleiner ausfallen als die im Frühjahr nach einem monatelangen Übernahmekampf gescheiterte feindliche Übernahme. Das Aus für die damals rund 14-Milliarden-Euro schwere Offerte hatten seinerzeit die Aktionäre der Deutschen Wohnen mit ihrem Widerstand besiegelt.
Nach dem vorläufigen Ende für den Traum vom Mega-Immobilienkonzern hatte Vonovia-Chef Buch zunächst noch Übernahmeangebote für weitere börsennotierte Unternehmen „auf absehbare Zeit“ ausgeschlossen. Kleinere Zukäufe sollten für das geplante weitere Wachstum sorgen.
Die nun geplante Übernahme der erst im Jahr 2001 gegründeten österreichischen Immobiliengesellschaft sei kurzfristig eingefädelt worden, berichtete Buch. Das Unternehmen mit Hauptsitz in Wien, das derzeit 400 Mitarbeiter beschäftigt, besitzt neben Wohnimmobilien auch Gewerbeimmobilien wie etwa Büros und Einkaufscenter. Neben Wien zählen Berlin, Leipzig, Potsdam, Wuppertal und Dresden zu den wichtigsten Conwert-Standorten. Trennen wollen sich die Österreicher dagegen derzeit von Immobilien in Luxemburg, Ungarn und in der Ukraine.
Im ersten Halbjahr 2016 hatte Conwert den operativen Gewinn um mehr als die Hälfte auf 39,3 Millionen Euro gesteigert. Der Nettogewinn verdreifachte sich auf 74,9 Millionen Euro.
Das Unternehmen war zuvor schon in den Fokus der Nummer zwei auf dem deutschen Wohnungsmarkt geraten. Bereits Anfang vergangenen Jahres hatte der Vonovia-Konkurrent Deutsche Wohnen bei den Österreichern vorgesprochen und war abgeblitzt. Das Übernahmeangebot war damals rund eine Milliarde Euro schwer.
Aktionärsvertreter begrüßten den nun geplanten Einstieg von Vonovia bei dem Wiener Unternehmen. „Ich hatte gedacht, die Konsolidierung ist zu Ende“, sagte Thomas Hechtfischer von der Deutschen Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz. Der Schritt sei nun überraschend gekommen.
Mietervertreter kritisierten dagegen den geplanten Zusammenschluss. Der Wachstumskurs gehe auf Kosten der Nachhaltigkeit, sagte Silke Gottschalk vom Mieterbund in NRW. In der Kritik sei der Wohnungsriese derzeit etwa durch Modernisierungen, bei denen die gesetzlichen Umlage-Möglichkeiten zu Lasten der Mieter „üppig ausgeschöpft“ würden.
Deutschlands größter Immobilienkonzern Vonovia mit Sitz in Bochum ist in den vergangenen Jahren vor allem durch Großübernahmen stark gewachsen. Seit gut drei Jahren steht der ehemalige Bertelsmann-Manager Rolf Buch an der Spitze des Vermieters mit bundesweit rund 340 000 Wohnungen.
Unter seiner Regie wurde aus einem Unternehmen im Besitz eines Finanzinvestors eine seit 2013 börsennotierte Gesellschaft mit einem breiten Streubesitz. Mit dem Zukauf des Konkurrenten Gagfah vor eineinhalb Jahr änderte der zuvor unter dem Namen Deutsche Annington bekannte Konzern auch seinen Namen und zog anschließend als erstes Immobilienunternehmen in den Dax ein.