Fixgehalt Neuer Konzernchef verordnet Deutscher Börse Neuanfang
Frankfurt/Main (dpa) - Nach einem turbulenten Jahr ruft der neue Deutsche-Börse-Chef Theodor Weimer für 2018 das Jahr des Neubeginns aus.
Er strebe zwar „keine Revolution an“, sagte Weimer bei seiner ersten Pressekonferenz im neuen Amt in Frankfurt. Es gehe aber darum, „das Unternehmen organisatorisch nach vorne zu bringen“. So stünden etwa im Vorstand und der Ebene darunter Veränderungen an.
Ein „signifikanter Personalabbau“ stehe aber „nicht zur Debatte“, versicherte Weimer. „Wir können uns nicht zu Tode sparen, wir sind zum Wachsen verdammt.“ Je größer eine Börse sei, desto wettbewerbsfähiger sei sie. Konkrete Pläne für die nächsten drei Jahre will Weimer auf einem Investorentag am 30. Mai vorlegen.
„Ich sehe für uns eine ganze Reihe von Wachstumschancen“, sagte Weimer. „Wir werden unsere Chancen offensiver nutzen.“ 2018 sollen die Erlöse um mindestens fünf Prozent zulegen, der Überschuss um mindestens zehn Prozent.
Dabei setzt der ehemalige Chef der Hypovereinsbank (HVB), der die Deutsche Börse seit dem 1. Januar führt, vor allem auf Wachstum aus eigener Kraft. Größere Übernahmen stünden nicht auf der Agenda, aber kleinere Übernahmen etwa im Datenbereich oder Währungshandel. Einem erneuten Anlauf zur Fusion mit der London Stock Exchange (LSE) erteilte Weimer eine klare Absage: „Für die nächsten Jahre ist diese Thema tot.“
Potenzial für den Finanzplatz Frankfurt sieht Weimer infolge des geplanten EU-Austritts der Briten: Frankfurt habe beim Euro-Clearing „jetzt die einmalige Chance, eine glaubwürdige Alternative zum Standort London aufzubauen“. Derzeit findet die billionenschwere Abwicklung von Handelsgeschäften mit Euro-Wertpapieren überwiegend in London statt. Kommt der Brexit, droht Aufsehern auf dem Kontinent ein Kontrollverlust über diesen wichtigen Markt.
Weimer meldete hier erste Erfolge: Von den 1000 Milliarden Euro an Geschäften, die insgesamt beim Euro-Clearing pro Tag abgewickelt würden, entfielen mittlerweile 40 Milliarden Euro auf die Deutsche Böse und damit acht Mal mehr als noch im Dezember. Der Börsenbetreiber hat sich dafür unlängst mit 25 internationalen Finanzhäusern verbündet. Das Geschäft dürfe nicht Paris überlassen werden, sagte Weimer. „Ich will das nach Frankfurt ziehen.“
Das Jahr 2017 - noch unter der Verantwortung von Weimers Vorgänger Carsten Kengeter - war geprägt von Fusionspleite, Insidervorwürfen und Chefwechsel. Im Frühjahr scheiterte die Fusion mit der LSE am Veto der EU-Wettbewerbshüter, zum Jahresende trat Kengeter wegen des Vorwurfs von Insiderhandel bei einem millionenschweren Aktiengeschäft im Rahmen eines eigens für ihn gestrickten Bonusprogramms zurück. Die Ermittlungen der Staatsanwaltschaft Frankfurt dazu laufen noch.
Hinter den Kulissen hält der unrühmliche Fall die Börse weiterhin auf Trab: Kengeter und der Aufsichtsrat ringen um Boni in Millionenhöhe, wie zuvor die „Süddeutsche Zeitung“ berichtete. Nach Angaben von Finanzvorstand Gregor Pottmeyer vertritt das Unternehmen die Auffassung, dass das Sonderprogramm nur zu drei Fünfteln ausgezahlt werden muss, weil Kengeter vorzeitig gegangen ist. Die Börse habe für das Bonusprogramm „einen höheren einstelligen Millionenbetrag“ zurückgestellt. Weimer grenzte sich ausdrücklich von seinem Vorgänger ab: „Eines ist klar, ich will kein Extra-Programm haben.“
Die Geschäfte des Börsenbetreibers liefen 2017 schlechter als erhofft: Nach den bereits am Dienstagabend veröffentlichten Zahlen stiegen die Nettoerlöse um 3 Prozent auf 2,46 Milliarden Euro. Der Überschuss legte auf vergleichbarer Basis um 6 Prozent auf 857,1 Millionen Euro zu - auch dies war weniger als angepeilt.
Wegen der Flaute an den Finanzmärkten handelten Anleger ungewöhnlich wenig. Die Deutsche Börse wurde deshalb weniger der lukrativen Absicherungsprodukte los. Erst Anfang dieses Jahres änderte sich die Lage schlagartig mit einem Kursrutsch an den Aktienmärkten.