Nokia kann Megaverluste nicht stoppen
Espoo (dpa) - Der kriselnde Handy-Riese Nokia kann die Kette von Megaverlusten nicht stoppen.
Im vergangenen Quartal vergrößerte sich das Minus auf 1,4 Milliarden Euro, wie das finnische Unternehmen am Donnerstag mitteilte. Der Umsatz fiel im Jahresvergleich um 18,7 Prozent auf 7,54 Milliarden Euro. Auch das laufende Quartal werde „schwierig“ sein, räumte Konzernchef Stephen Elop ein.
Besonders schmerzhaft sind die weiterhin sinkenden Zahlen im Smartphone-Geschäft: Der Absatz der Computer-Handys fiel um 39 Prozent auf 10,2 Millionen Geräte. Darunter waren immerhin vier Millionen Smartphones der neuen Lumia-Reihe mit dem Microsoft-Betriebssystem Windows Phone. Die Verkäufe des Ende 2011 eingeführten Hoffnungsträgers haben sich damit im Vergleich zum ersten Quartal zwar verdoppelt - allerdings können die Marktführer Samsung und Apple innerhalb von drei Monaten regelmäßig 35 bis 40 Millionen Smartphones an die Kundschaft bringen.
Nokia steckt schon seit mehreren Quartalen tief in den roten Zahlen fest. Das Jahr 2011 endete mit einem Verlust von 1,16 Milliarden Euro. Allein im ersten Vierteljahr 2012 gab es ein Minus von 929 Millionen Euro. Die Zahlen seien „nicht akzeptabel“ räumte Finanzchef Timo Ihamuotila ein. Nokia sei sich bewusst, dass die Kosten schnell gesenkt werden müssten.
Elop setzte im Juni ein drastisches Sparprogramm mit dem Abbau von 10 000 Arbeitsplätzen in Gang. Geschlossen wird unter anderem der Forschungsstandort in Ulm.
Elop betonte, dass die Bargeld-Reserven mit 4,2 Milliarden Euro nach Abzug der Dividendenzahlung stabil geblieben seien. Die Belastungen bei dem problembehafteten Netzausrüster Nokia Siemens Networks fielen diesmal mit 190 Millionen Euro noch vergleichsweise moderat aus, auf operativer Basis war die Sparte sogar wieder profitabel.
Die zuletzt arg gebeutelte Nokia-Aktie legte nach den Quartalszahlen um mehr als 16 Prozent auf 1,60 Euro zu. Allerdings hat das Papier seit Jahresbeginn rund 60 Prozent seines Werts verloren.
Nokia gab mehr als ein Jahrzehnt lang den Ton in der Handy-Branche ab, bis das iPhone von Apple und das Google-Betriebssystem Android die Smartphone-Revolution einleiteten. In den vergangenen Jahren konnten sich die Finnen noch auf ihre starke Stellung bei einfachen Mobiltelefonen verlassen, inzwischen bekommen sie aber auch hier immer mehr Konkurrenz. Anfang des Jahres stieß Samsung Nokia vom Thron des weltgrößten Handy-Herstellers.
Im vergangenen Quartal sank der gesamte Absatz von Nokia-Mobiltelefonen im Jahresvergleich um fünf Prozent auf 83,7 Millionen Geräte. Zudem wurden sie billiger: Der durchschnittliche Handy-Preis sackte um fast ein Viertel auf 48 Euro ab. Bei einfachen Telefonen waren es zuletzt nur noch 31 Euro, aber auch bei Smartphones bekommt Nokia mit 151 Euro deutlich weniger als etwa Apple für seine iPhones. Immerhin gab es hier einen leichten Anstieg im Vergleich zum ersten Quartal. Auch der Konzernumsatz zog im Quartalsvergleich um 13 Prozent an.
Nokia hatte im vergangenen Jahr den Wechsel von seiner betagten Symbian-Plattform zu Windows Phone beschlossen. Microsoft unterstützt den Partner mit 250 Millionen Dollar pro Quartal, zugleich muss Nokia aber Lizenzen für Windows Phone bezahlen.
Die Hoffnung von Nokia und Microsoft ist, Windows Phone als dritte starke Kraft im Mobilfunk-Markt neben Android und dem iOS-System von Apples iPhones und iPads zu etablieren. Das gelang den Lumias bisher nicht, die Partner versprechen jedoch einen langen Atem. Elop sagte, er setze auf die für Herbst erwartete nächste Software-Version Windows Phone 8 als Zugpferd. Ein Problem ist allerdings, dass bisherige Lumia-Modelle mit der nächsten mobilen Windows-Version nur eingeschränkt kompatibel sein werden.