Ökostrom: Der Industrie droht Ärger

EU könnte Prüfverfahren wegen Rabatten einleiten. Müssen Unternehmen Milliarden zurückzahlen?

Düsseldorf/Brüssel. Politik und Wirtschaft blicken am Mittwoch gebannt nach Brüssel. Dort wird die EU-Kommission wahrscheinlich ein sogenanntes Prüfverfahren wegen wettbewerbswidriger Industrierabatte gegen die Bundesrepublik einleiten. Dabei geht es um die Befreiung energieintensiver Unternehmen von der Umlage zur Förderung erneuerbarer Energien (EEG).

Durch das EEG erhalten Betreiber von Windrädern oder Solaranlagen auf 20 Jahre garantiert feste Vergütungen. Diese zahlen die Verbraucher durch Aufschlag auf den Strompreis. Energieintensive Unternehmen können sich von dieser Umlage befreien oder teilbefreien lassen — die Differenz zahlt ebenfalls der Verbraucher. Diese Rabatte könnte die EU mit Blick auf den europäischen Markt als wettbewerbsverzerrend einstufen.

NRW-Wirtschaftsminister Garrelt Duin (SPD) warnte am Dienstag in Düsseldorf vor möglichen schweren Folgen für die Industrie im Land — und vor einer Gefährdung von Arbeitsplätzen. Im schlimmsten Fall drohen den Unternehmen demnach Rückzahlungen von gewährten Rabatten in Milliardenhöhe. Zwar wird es bis zu einer endgültigen Entscheidung noch einige Zeit vergehen. Allerdings könnte es sein, dass die Unternehmen bereits entsprechende Rückstellungen in ihre Bilanzen einstellen müssten, erläuterte Duin. Für einige Unternehmen ein „echtes Problem“.

Laut NRW-Wirtschaftsministerium werden bundesweit derzeit rund 1680 Unternehmen mit bis zu 400 000 Arbeitsplätzen von der EEG-Umlage entlastet. Summe insgesamt: rund vier Milliarden Euro. In NRW sind es etwa 400 von den 770 000 Unternehmen im Land — darunter seien allerdings besonders stromintensive Firmen, so Duin (siehe Kasten). Sie beschäftigten insgesamt 220 000 Mitarbeiter. NRW gilt als das Stromland Nummer eins in Deutschland.

Auch Wirtschaftsvertreter machen mobil gegen die EU. Nach Ansicht der Industrie sind die Rabatte nötig, um Wettbewerbsnachteile der stromintensiven Betriebe in Deutschland gegenüber anderen Ländern ohne vergleichbare Kosten auszugleichen. „Wer sie infrage stellt, nimmt eine massive Schwächung des Wirtschaftsstandortes in Kauf“, warnte die Wirtschaftsvereinigung Stahl.

Sollte das Prüfverfahren eingeleitet werden, hat Deutschland vier Wochen Zeit, Stellung zu nehmen. Bis zu einer endgültigen Entscheidung der EU können bis zu zwei Jahre ins Land gehen. Im besten Fall stellt die Kommission das Verfahren ein.