Online-Einkauf: Warum so viel zurückgeschickt wird
Retouren sind einfach — und beliebt. Nur wenige Händler lassen sich den Service bislang bezahlen.
Düsseldorf. In manch einem Postamt stapeln sich die Pakete — häufig sind das Rücksendungen an Online-Händler. Die Paketbranche profitiert, aber warum gibt es überhaupt so viele Retouren? Tatsächlich sind es 50 Prozent bei Textilien, zehn bis 20 Prozent bei anderen Waren.
Zunächst einmal sind die Deutschen es gewohnt, Dinge zurückzusenden — seit den Katalogen von Otto, Neckermann und Quelle hat der Verbraucher das Rückgaberecht geübt und gelebt. „In anderen Ländern wird viel weniger zurückgegeben, das gleicht sich dann aus“, sagt eine Sprecherin des Online-Händlers Zalando. „Der Deutsche darf es vom Gesetz her, in anderen Ländern ist das viel komplizierter und deshalb nicht so verbreitet“, sagt Experte Georg Wittmann vom Ibi-Institut der Universität Regensburg.
In Großbritannien versuchten Leute dann eher, Produkte an andere weiterzuverkaufen, so Wittmann. In Deutschland gilt für beinahe alle Waren — ausgenommen sind etwa Maßanfertigungen — ein 14-tägiges Widerrufs- und Rückgaberecht. Bei einem Warenwert über 40 Euro ist die Retoure üblicherweise kostenlos.
Gerrit Heinemann von der Hochschule Niederrhein hat einen Hauptgrund ausgemacht: nämlich die Uneinheitlichkeit bei den Kleidergrößen. „Frauen bestellen häufig das gleiche Teil in drei Größen“, sagt er. Trage eine Frau beispielsweise M, bestelle sie es zur Sicherheit in S — falls es groß ausfällt — und in L — falls es klein ausfällt. „Frauen kaufen lieber ein Pullover in S als in M, deshalb orientieren sich einige Firmen mit den Größen nach unten.“ Dieses Spiel mit den Größen sei ein sehr großes Problem für die Verkäufer im Internet — da man dort nicht anprobieren kann. Das Bestellen eines Artikels in mehreren Größen oder etwa vierer verschiedener roter Pullover — genommen wird der, der gefällt — nennen die Experten „Auswahlbestellung“.
„Kunden sollen die Möglichkeit haben, zu Hause in Ruhe anzuprobieren“, sagt eine Zalando-Sprecherin. Sehr häufig würden aber Produkte zurückgesendet, weil sie den Kunden nicht gefallen. Das versuche man im Vorfeld zu vermeiden. Das heißt: Auf der Internetseite gibt es Fotos in verschiedenen Ansichten eines Produkts, die Maße, die Stoffe werden genannt, außerdem werden Kundenbewertungen freigeschaltet. Dort schreiben Kunden dann beispielsweise, ob ein Kleid klein oder groß ausfällt oder wie das Material ist.
Auch auf Retourenscheinen fragen die Händler nicht umsonst nach dem Rücksendegrund. „Wir testen ständig neue Technologien wie einen ,Virtual Fittingroom’ (virtueller Ankleideraum). Hier sehen wir in Zukunft noch großes Potenzial“, so die Zalando-Sprecherin. Kunden hätten dann die Möglichkeit, online einen Avatar (Figur) von sich anzulegen mit den eigenen Körpermaßen und die Kleidung zumindest virtuell anzuprobieren. Heinemann schätzt, dass man die Retourenquote mit diesen Mitteln senken kann — wenn auch wahrscheinlich nur minimal.
Andere Unternehmen setzen auf kreative Maßnahmen, um die Zahl der Retouren zu minimieren. „Bon Prix belohnt Menschen, die wenig zurücksenden mit einem Bonussystem“, erklärt Heinemann. Andere Firmen setzen auf Restriktionen: Wer viel zurückgehen lässt, darf etwa nur noch gegen Vorkasse zahlen. „Wer dann die Laufschuhe vier Mal bestellt, muss sie zunächst auch vier Mal zahlen — so versuchen die Firmen Mehrfachbestellungen gegenzusteuern“, sagt Wittmann.
„Der Schuhhändler Mirapodo appelliert an den Kunden“, weiß Wittmann. Wer ein Produkt gleich fünf Mal in unterschiedlichen Größen bestellt, bekommt Folgendes zu lesen: „Denken Sie bitte an die Umwelt, die durch Retouren belastet wird“. 75 Prozent der Kunden änderten daraufhin ihren Warenkorb. „Das ist ein relativ geringer Aufwand für die Händler, aber effizient.“