Pofalla: Personalie mit Sprengkraft

Ronald Pofalla wechselt zur Bahn. Mittelfristig wird der ehemalige Kanzleramtsminister viel Macht erhalten.

Foto: Michael Kappeler

Berlin. Noch zwei Tage vor der endgültigen Bestätigung versuchte Bahnchef Rüdiger Grube, der Personalie die Brisanz zu nehmen. Die Berufung Ronald Pofallas in die Führungsetage der Deutschen Bahn sei eine ganz normale Besetzung. Wie pikant der Wechsel des Ex-Kanzleramtsministers zum Staatskonzern dennoch ist, belegte er mit seinem nächsten Satz: „Herr Pofalla hält die zwölf Monate Karenzzeit ein, obwohl es offiziell gar keine Karenzzeit gibt.“

Denn das ist der Kern der Kritik, seit zu Jahresbeginn durchsickerte, dass der 55-jährige CDU-Politiker auf Wunsch Grubes als Cheflobbyist zur Bahn kommen soll: ein Wechsel von der Politik in die Wirtschaft gleichsam als hoch dotierte Belohnung für Dienste im Kanzleramt.

„Er stand bereits früher als Regierungsmitglied im Dienst der Bahn AG“, sagt Anton Hofreiter, Chef der Grünen-Fraktion. „Dafür erhält er jetzt einen sehr, sehr guten Posten als Prämie.“ Das grenze an Korruption, fügt Hofreiter hinzu, erhebt aber nicht den konkreten Vorwurf, dass Pofalla Pflichten für Geld verletzt habe.

Von Pofalla wurde als Kanzleramtschef durchaus erwartet, dass er die Interessen der Bahn etwa im Ausland vertritt, befindet sich das Unternehmen doch zu 100 Prozent im Eigentum des Bundes. So gilt es als offenes Geheimnis, dass Pofalla kräftig daran mitwirkte, Pläne in der EU-Kommission für eine Trennung von Betrieb und Schienennetz abzuwenden.

Die Initiative Lobbycontrol hält die Argumentation, dass der Wechsel zur Bahn von ihrem Eigentümer Bund unproblematisch sei, für nicht überzeugend. „Nicht alles was die Bahn will, ist automatisch auch im Interesse des Bundes oder der Allgemeinheit“, sagt Lobbycontrol-Sprecher Timo Lange.

Um Interessenskonflikte zu vermeiden, fordert Lobbycontrol wie die Antikorruptionsorganisation Transparency International eine gesetzliche Regel für solche Berufswechsel. Transparency dringt auf eine Karenzzeit von drei Jahren für Regierungsmitglieder sowie Parlamentarische Staatssekretäre, wenn ein Zusammenhang zwischen bisheriger und künftiger Tätigkeit besteht.

Die Bundesregierung hält sich bedeckt. Grundsätzlich müssten Wechsel von der Politik in die Wirtschaft möglich sein, hieß es. Eine gewisse zeitliche Distanz bis zur Aufnahme des neuen Jobs sei wünschenswert.