Praktiker-Insolvenzverwalter prüft Sanierungskonzept

Hamburg (dpa) - Bei der insolventen Baumarktkette Praktiker sollen so viele Jobs wie möglich erhalten bleiben. Der vorläufige Insolvenzverwalter Christopher Seagon prüft ein Sanierungskonzept.

Zunächst müsse der Geschäftsbetrieb stabilisiert werden, um damit die Voraussetzung zu schaffen, möglichst viele Filialen und Arbeitsplätze zu sichern, erklärte er am Freitag in Hamburg. „Die Filialen bleiben geöffnet, der Verkauf geht mit allen Beschäftigten unverändert weiter.“ Unterdessen signalisierte die Konkurrenz Interesse an Praktiker-Filialen.

Nachdem bisherige Sanierungsversuche gescheitert waren, hatten am Donnerstag acht Praktiker-Tochterfirmen in Deutschland beim Amtsgericht Hamburg Insolvenz beantragt. Für sie ist Seagon zuständig. Um die Löhne und Gehälter der rund 8600 Mitarbeiter in diesen Gesellschaften sicherzustellen, will der Anwalt kurzfristig die Vorfinanzierung des Insolvenzgeldes beantragen.

Auch die Praktiker AG stellte am Freitag einen Insolvenzantrag. Das zuständige Amtsgericht Saarbrücken habe Udo Gröner von der Kanzlei Heimes & Müller zum vorläufigen Insolvenzverwalter bestellt. Das Unternehmen kündigte an, der Vorstand der Praktiker AG werde mit ihm beraten, ob und welche wirtschaftlichen Auswirkungen sich aus den veränderten Rahmenbedingungen für die Holdinggesellschaft ergeben können. Praktiker schreibt seit Jahren rote Zahlen. Gläubiger hatten neue Finanzspritzen verweigert.

Aus Sicht der Gewerkschaft Verdi haben jahrelange Fehler des Managements zur Insolvenz geführt. „Aus unserer Sicht ist der wesentliche Grund das Missmanagement der zurückliegenden Jahre“, sagte Christiane Scheller, Sprecherin des Verdi-Bundesvorstands, am Freitag. Rabattschlachten - 20 Prozent auf alles - seien offensichtlich die falsche Strategie gewesen. „Die Leute kommen dann nur noch in die Filiale, wenn sie wissen, dass sie ein Schnäppchen machen können.“

Verdi erstellte eine Mitarbeiterinformation, die am Freitag in die Betriebe ging. „Es gab Werbung ohne entsprechende Ware im Markt, Lieferschwierigkeiten, stornierte Bestellungen und eine Prozentaktion nach der nächsten“, heißt es dort. Immer wieder hätten Betriebsräte bei Geschäftsführungen und Vorständen auf die Probleme aufmerksam gemacht. Geändert habe sich aber wenig. Ein Praktiker-Sprecher wollte die Vorwürfe nicht kommentieren.

Das Unternehmen betreibt in Deutschland insgesamt 315 Baumarkt-Filialen (Stand Ende März). Die derzeit 132 Max-Bahr-Märkte sind laut Unternehmen nicht von den Anträgen betroffen.

Praktiker hatte den Insolvenzantrag auch mit dem schwachen Geschäftsverlauf seit Jahresbeginn begründet. Nach Angaben des Branchenverbandes BHB sank angesichts des schlechten Wetters der Gesamtumsatz der Bau- und Heimwerkermärkte von Januar bis Ende Mai um 6,2 Prozent auf gut 7,4 Milliarden Euro brutto.

Verdi-Sprecherin Scheller forderte mit Blick auf Praktiker: „Es müssen jetzt Investoren mit ins Boot, damit man eine Perspektive entwickeln kann für das Unternehmen.“ Wichtig sei auch die Entscheidung, welche Form der Insolvenz zugelassen werde. „Wir würden favorisieren, wenn es sich um eine Insolvenz in Eigenverwaltung handelt“, sagte sie. „Weil das eher die Möglichkeit bietet, dass man größere Unternehmensteile erhält und damit auch mehr Arbeitsplätze.“

Unterdessen signalisierten mehrere Konkurrenten Interesse an einzelnen Praktiker-Filialen - darunter neben Hagebau und Obi auch Rewe, der Mutterkonzern der Toom Baumärkte, sowie Globus und Hornbach.

Wenn solche Standorte auf den Markt kämen, werde man prüfen, ob sie ins Konzept von Hornbach passten, sagte Vorstandschef Albrecht Hornbach der dpa. Hornbach sei aber nur selektiv an Einzelstandorten interessiert, die das eigene organische Wachstum ergänzen könnten.

Das Hauptproblem von Praktiker seien nicht die Rabattaktionen gewesen, sondern das hauptsächliche Wachstum durch Akquisitionen, sagte Hornbach. Die Rabatte seien letztlich eine Notaktion gewesen, um aus der unglücklichen Situation herauszukommen, in der sich Praktiker schon vorher befunden habe. Die Einbußen durch das kalte Frühjahr seien sicherlich ein Grund, warum dem Wettbewerber das Geld ausgegangen sei. Eine solche Durststrecke müsse ein Unternehmen aber aushalten können.