Praktiker-Pleite: Baumärkte im Kälteschock

Praktiker ist pleite. Es gibt nirgendwo mehr Konkurrenz als in dieser Branche.

Frankfurt. Nirgendwo sonst in Europa wird soviel Umsatz auf dem Heimwerkermarkt gemacht wie in Deutschland. Fast 2400 Märkte kämpfen mit Preisnachlässen, Service-Angeboten und ausgefeilten Marketing-Strategien um die Gunst der Kunden. Für die Verbraucher heißt das im besten Fall günstige Preise, für die Unternehmen jedoch niedrige Gewinnspannen.

Die Baumarktkette Praktiker, die mit ihren Rabattaktionen „20 Prozent auf alles — außer Tiernahrung“ lange Zeit auf den Preis setzte, ist jetzt pleite. Managementfehler aber auch das Marktumfeld forderten ihren Tribut. Der lange Winter und der sehr regenreiche Mai haben das umsatzstarke Gartengeschäft verhagelt.

Dass in diesem gnadenlosen Wettbewerb zwangsläufig etliche Märkte auf der Strecke bleiben, ist nach Ansicht von Experten unumgänglich. Die Baumarktdichte in Deutschland sei zu hoch, sagt Marco Atzberger vom Handelsinstitut EHI. Viele großflächige Märkte wurden aus dem Boden gestampft. Immer mehr ältere, kleine Märkte müssen weichen. In Branchenkreisen wird der Flächenüberhang auf etwa 25 Prozent und mehr geschätzt. Das heißt, jeder vierte Markt ist überflüssig.

Auch der Blick ins Ausland bestätigt das Bild dichtgepflasterter Baumärkte. „Deutschland hat fast zweimal soviel Verkaufsfläche wie Großbritannien“, beschreibt John Herbert, Generalsekretär des europäischen Bau- und Heimwerkerverbandes EDRA. In keinem anderen europäischen Land werde mehr Umsatz mit dem Heimwerken gemacht als in Deutschland. In den Nachbarländern sei außerdem die Schar der miteinander konkurrierenden Baumarktketten deutlich kleiner.

Häuslebauer und Wohnungsrenovierer — die Deutschen lieben ihr Eigenheim. Jedes Jahr fließen Milliarden in die Verschönerung. Laut Branchenverband BHB erwirtschafteten die großflächigen Bau- und Heimwerkermärkte 2012 knapp 19 Milliarden Euro Umsatz. Zählt man Gartencenter, Raumausstatter, Fachmärkte und Kleinbetriebe dazu, kommt der deutsche Do-It-Yourself-Markt auf ein Umsatzvolumen von 45 Milliarden Euro, wie das EHI errechnet hat.

Die Wetterkapriolen des Frühjahrs hinterlassen ihre Spuren: Hornbach verbuchte im ersten Quartal einen flächenbereinigten Umsatzrückgang von knapp sechs Prozent. Marktführer Obi wird in diesem Jahr schwächer wachsen, wie der Mutterkonzern Tengelmann einräumte. „Wenn der Boden gefroren ist, kriegen Sie nichts in den Boden. Und wenn es nass ist, gehen Sie nicht in den Garten“, schilderte Tengelmann-Chef Karl-Erivan Haub die Folgen für den Gartenbereich.

Obi will den kriselnden Konkurrenten Praktiker aber nicht schlucken. „Wir werden mit Sicherheit keine Kette übernehmen“, sagte Haub. Sein Unternehmen könnte aber an einigen Standorten interessiert sein — ebenso wie Mitbewerber Hagebau. „Wir haben grundsätzlich Interesse und trauen uns da einiges zu“, sagte Hagebau-Geschäftsführer Heribert Gondert.