Praktiker rutscht tief in die roten Zahlen
Kirkel (dpa) - Trotz besten Grill- und Gartenwetters im Frühsommer ist die Baumarktkette Praktiker tief in die roten Zahlen gerutscht. Der scheidende Vorstandschef Wolfgang Werner sprach am Mittwoch im saarländischen Kirkel von einem enttäuschenden zweiten Quartal.
Sowohl in Deutschland als auch im Ausland liefen die Geschäfte schlechter als erhofft. Der krisengeschüttelte Konzern will nun über Konsequenzen entscheiden. Dabei sind auch die Schließung unprofitabler Märkte und der Rückzug aus einzelnen Ländern nicht ausgeschlossen, wie Finanzvorstand Markus Schürholz sagte.
Erst vergangene Woche hatte Praktiker überraschend bekanntgegeben, dass Vorstandschef Werner nach mehr als zehn Jahren sein Mandat alsbald niederlegen wird. Ein Nachfolger steht den Angaben zufolge noch nicht fest. Praktiker hatte wegen des schwachen Frühsommer-Geschäfts bereits seine Gewinnerwartung reduziert. Besonders der Juni blieb den Angaben zufolge weit hinter den Erwartungen zurück.
Das zweite Quartal zählt in der Branche normalerweise zu den stärksten und wichtigsten im ganzen Jahr. Andere Branchenriesen meldeten zuletzt auch gute Geschäfte. Hornbach etwa berichtete für die Monate März bis Mai von einem elfprozentigen Umsatzplus.
Doch Praktiker machte zwischen April und Juni einen Verlust von 307,1 Millionen Euro - vor einem Jahr war es noch ein Plus von 25,8 Millionen. Grund sind auch Wertberichtigungen und Rückstellungen sowie Kosten für den laufenden Konzernumbau, die insgesamt mit rund 270 Millionen Euro zu Buche schlagen. Der Umsatz sank im Vergleich zu 2010 um knapp acht Prozent auf 956,6 Millionen Euro. Im Ausland gingen die Zahlen vor allem in Bulgarien und Rumänien zurück. Zum Konzern gehört auch die Kette Max Bahr, deren Geschäft den Angaben zufolge aber stabil läuft.
Das noch von Werner gestartete Umstrukturierungsprogramm „Praktiker 2013“ soll nun überarbeitet und schneller als geplant umgesetzt werden. Praktiker will weg vom Billig-Image und den massiven Rabattaktionen, für die die Kette zuletzt stand. Dafür sollen Qualität und Service in den Vordergrund rücken. Auch eine Werbekampagne mit Ex-Tennisstar Boris Becker soll neue Kunden anlocken. Die Praktiker-Aktien reagierten auf die Zahlen mit einem Kursverlust: Bis zum Nachmittag verloren die Papiere gut 13 Prozent.
Der Konzern senkte auch seine Erwartungen für die nächste Zeit. Dass das aktuelle Quartal besser laufen werde, sei derzeit nicht absehbar. Auch das Juli-Geschäft blieb bisher hinter den Erwartungen zurück, wie Schürholz sagte. Für das kommende Jahr sei nur mit einer Stabilisierung und erst 2013 wieder mit einer Steigerung bei Umsatz und operativem Ergebnis (EBITA) zu rechnen. Praktiker betreibt derzeit rund 440 Filialen in zehn Ländern, darunter 331 Märkte in Deutschland. Die Zahl der Mitarbeiter ging um 6,5 Prozent auf 20 446 zurück.