Preisabsprache: Rekordstrafe für Brauer

Radeberger, Carlsberg, Erzquell, Gaffel, Früh und der Brauereiverband NRW sollen zusammen 231,2 Millionen Euro zahlen.

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Bonn. Das Bundeskartellamt hat wegen verbotener Preisabsprachen auf dem Biermarkt eine Strafe in der rekordverdächtigen Höhe von 231,2 Millionen Euro verhängt. Zusammen mit den bereits im Januar verkündeten Strafen gegen andere Brauereien addiert sich die Summe damit auf fast 340 Millionen Euro — eine der höchsten Strafen in der Geschichte des Kartellamtes.

Betroffen sind die Radeberger-Gruppe (Jever), Carlsberg (Holsten), die regionalen Brauereien Bolten, Erzquell, Gaffel und Früh sowie der Brauereiverband NRW, wie das Bundeskartellamt mitteilte. Die Radeberger-Gruppe legte umgehend Einspruch ein. Auch Carlsberg kündigte einen Einspruch an. Man sei nicht an einer Preisabsprache beteiligt, teilten die Firmen mit.

Nach den Ermittlungen der Wettbewerbsbehörde hat die Branche bei persönlichen und telefonischen Kontakten Preiserhöhungen für Fass- und Flaschenbier abgesprochen. Mitte Januar hatte das Bonner Amt deshalb Bußgelder in Höhe von 106,5 Millionen Euro gegen Bitburger, Krombacher, Veltins, Warsteiner und die westfälische Privatbrauerei Barre verhängt.

Insgesamt seien nun Bußgelder gegen elf Unternehmen, den Verband und persönlich Verantwortliche in Höhe von 338 Millionen Euro verhängt worden, sagte Kartellamtschef Andreas Mundt. Bei einem Gesamtumsatz der Branche von weit über sieben Milliarden Euro seien diese hohen Bußgelder „angemessen und notwendig, um eine wirkungsvolle Ahndung zu erreichen“. Die Höhe der Strafen für die einzelnen Brauereien nannte die Behörde nicht. Ein weiteres Verfahren gegen Kölsch-Brauereien wegen lokaler Preisabsprachen wurde aus Ermessensgründen eingestellt.

Die Bierbranche steht unter starkem Konkurrenzdruck und hat vielfach Probleme, Preiserhöhungen am Markt durchzusetzen. 2008 hat sie deshalb laut Kartellamt beim Flaschenbier eine Preiserhöhung für den Kasten Bier um einen Euro widerrechtlich abgesprochen. Für Fassbier gab es demnach 2006 und 2008 Absprachen über Preiserhöhungen von jeweils fünf bis sieben Euro pro Hektoliter (100 Liter). Ausgelöst worden war das Verfahren durch Informationen des ebenfalls am Kartell beteiligten Beck’s-Herstellers Anheuser-Busch InBev, der als Kronzeuge ohne Geldbuße davonkommt.

Nach den Feststellungen der Kartellbehörde hatten zunächst die überregional tätigen Brauereien die Preiserhöhungen vereinbart. Anschließend seien die Absprachen mit regionalen Brauereien auf Sitzungen des NRW-Brauereiverbandes im Juni 2006 und September 2007 abgestimmt worden. Die Behörde spricht von einem „regionalen Absprachekreis“. Die Geldbußen sind noch nicht rechtskräftig. Außer dem Kronzeugen Anheuser-Busch hatten die Brauereien Bitburger, Krombacher, Veltins und Warsteiner bei den Ermittlungen kooperiert.

Verbraucherschützerin Silke Schwartau von der Verbraucherzentrale Hamburg schätzt den Schaden allein durch die Absprachen über das Flaschenbier in einem Jahr auf mehr als 400 Millionen Euro. Dass nach dem Schlag der Kartellwächter die Bierpreise nachhaltig sinken, ist nach Expertenansicht dennoch nicht zu erwarten.