Ratingagentur schlägt Alarm bei Griechenland

London/Athen/Brüssel (dpa) - Die Verhandlungen über eine Beteiligung der Banken an dem nächsten Griechenland-Hilfspaket werden weiter von Störfeuer aus dem Kreis der mächtigen Ratingagenturen überschattet.

Die Agentur Standard & Poor's (S&P) warnte am Montag davor, dass ausgewählte griechische Anleihen mit dem Urteil „Zahlungsausfall“ („selective default“) versehen würden, sollte es zu dem von französischen Banken entwickelten „Pariser Modell“ kommen.

„Nach unserer Ansicht führt jede der beiden Finanzierungsoptionen, die im Vorschlag der Federation Bancaire Francaise (FBF) beschrieben sind, nach unseren Kriterien wahrscheinlich zu einem Zahlungsausfall“, heißt es in der Mitteilung von S&P. Weder die EU-Kommission in Brüssel noch die Bundesregierung in Berlin wollten dazu am Montag einen Kommentar abgeben. Ein „Zahlungsausfall“ gilt als schwer kalkulierbares Risiko für das Finanzsystem, weil dann auch Kreditausfallversicherungen (CDS) in unbekannter Höhe fällig würden.

Die Kommission pocht allerdings auf baldige Vereinbarungen für ein neues Hilfspaket. Das nächste reguläre Treffen der Euro-Finanzminister am 11. Juli müsse konkrete Ergebnisse dazu bringen, sagte der Sprecher von EU-Währungskommissar Olli Rehn. „Wir erwarten Fortschritt bei diesem Treffen, um Klarheit zu haben über die zentralen Bestandteile des Nachfolgeprogramms“, sagte der Sprecher. Nach dem 11. Juli seien aber noch weitere Verhandlungen über die Einbeziehung privater Gläubiger nötig.

Eine Erklärung der Euro-Finanzminister vom vergangenen Samstag hatte für das zweite Rettungspaket, das nach bisherigen Schätzungen einen Umfang von bis zu 120 Milliarden Euro haben könnte, keinen konkreten Zeitplan genannt.

Am Wochenende hatten die Minister der Eurozone lediglich die fünfte Teilzahlung aus dem seit 2010 laufenden 110-Milliarden-Euro-Hilfsprogramm im Umfang von 12 Milliarden Euro freigegeben. Damit sind bis jetzt rund 65 von 110 Milliarden Euro Kredite aus dem seit 2010 laufenden Hilfsplan unterwegs. Mit dem neuen Kredit dürfte Griechenland bis zum Herbst über die Runden kommen, hieß es in Brüssel.

Nach dem „Pariser Modell“ würden Banken und Versicherer bis 2014 fällige Gelder aus griechischen Anleihen wieder reinvestieren. Diesem Modell wollen sich im Grundsatz auch deutsche Banken anschließen. Laut S&P sind die Details jedoch noch offen. Als Kreditausfall „D“ würden die 2011 auslaufenden und dann zur Verlängerung anstehenden Anleihen bewertet. Nach der Erneuerung der Anleihen würde die Papiere wahrscheinlich nach kurzer Zeit ein neues Rating erhalten, welches den griechischen Kreditrisiken entspreche, schreibt S&P. Dann würden alle griechische Anleihen wieder eine einheitliche Note erhalten.

Der entscheidende Belastungsfaktor für die Kreditwürdigkeit sei jedoch die Frage, ob Griechenland tatsächlich in der Lage sei, das mit der Europäischen Union und dem Internationalen Währungsfonds (IWF) aufgelegte Programm umzusetzen. Am 13. Juni hatte S&P die Kreditwürdigkeit für Griechenland von „B“ auf „CCC“ reduziert.

Unterdessen muss sich das krisengeschüttelte Griechenland nach der Verabschiedung eines drastischen Sparprogramms auf weitere Einschränkungen einstellen. Griechischen Medienberichten vom Montag zufolge heißt es in einem Memorandum der EU-Kommission, Athen solle bis Mitte August ein Programm zur Schließung mehrerer staatlicher Versorgungsunternehmen vorlegen. In anderen Staatsbetrieben sollten die Mitarbeiterzahlen reduziert und die Gehälter den Löhnen in der Privatwirtschaft angeglichen werden, berichtete die Zeitung „Eleftherotypia“.

Nach Angaben des Blattes ist die Verringerung der Staatsbediensteten in Griechenland eine der Bedingungen für die Freigabe der sechsten Teilzahlung von Milliarden-Krediten, über die im September entschieden werden soll.

Die Politiker in der Eurozone sind nach Einschätzung der Commerzbank noch nicht mit den Ratingagenturen einig, wie bei einer Beteiligung privater Gläubiger eine Bewertung als „Zahlungsausfall“ vermieden werden kann. Dies sei offenbar der Grund dafür, dass die Finanzminister der Eurozone die Entscheidung über ein neues mehrjähriges Kreditpaket am Wochenende verschoben hätten, schreibt Commerzbank-Chefvolkswirt Jörg Krämer in einem am Montag veröffentlichten Kommentar. „Offenbar spielt auch eine Rolle, dass die Finanzminister noch nicht den Segen der Rating-Agenturen haben.“