Noch laufen die Geschäfte gut Risiken für Autoindustrie wachsen - Solides erstes Halbjahr
Berlin (dpa) - Der von den USA ausgelöste Handelskonflikt hat die deutschen Autobauer noch nicht getroffen. Im ersten Halbjahr liefen die Geschäfte im In- und Ausland besser als im den ersten sechs Monaten des Vorjahres.
Doch aus Sicht des Verbands der Automobilindustrie (VDA) wachsen die Risiken. VDA-Präsident Bernhard Mattes zeigte sich zudem besorgt über geplante strengere CO2-Grenzwerte in der EU. „Die Politik darf die Unternehmen nicht überfordern, sonst ist die industrielle Basis in Europa gefährdet“, sagte Mattes in Berlin.
In Deutschland kauften Privatleute und Unternehmen bis Juni mehr Autos als in der ersten Jahreshälfte 2017. Die Zahl der Neuzulassungen stieg um 2,9 Prozent auf 1,84 Millionen, wie das Kraftfahrt-Bundesamt (KBA) mitteilte. Im Juni waren es 341 300 Autos, ein Plus von 4,2 Prozent verglichen mit dem Vorjahresmonat.
„Der Auftragseingang aus dem Inland ist stabil, der ausländische Auftragseingang hat zugelegt“, beschrieb Mattes die Lage. Weltweit erwarteten die deutschen Pkw-Hersteller für dieses Jahr eine Rekordproduktion von 16,7 Millionen Autos, ein Plus von etwa einem Prozent.
Die inländische Pkw-Produktion ging nach VDA-Angaben in den ersten sechs Monaten um 3 Prozent auf 2,84 Millionen Autos zurück. Die Ausfuhren aus Deutschland verringerten sich um 2 Prozent auf 2,19 Millionen Fahrzeuge.
Die Dieselkrise wirkt sich immer weiter aus: Der Anteil von Dieselautos bei den Pkw-Neuzulassungen in Deutschland sank auf knapp ein Drittel (32,1 Prozent). Im ersten Halbjahr 2017 hatte er noch bei 41,3 Prozent gelegen. Mattes verteidigte den Dieselmotor neuen Typs: „Je weniger Diesel verkauft werden, desto höher sind die CO2-Werte bei den Neuzulassungen.“ Der moderne Diesel sei notwendig, um die Klimaschutzziele im Verkehr zu erreichen. Auch die Stickoxide des Straßenverkehrs, die vor allem aus Dieselmotoren stammen, seien seit 1990 um rund 70 Prozent zurückgegangen.
Mattes drückte seine „große Sorge“ über die internationale Handelspolitik aus. Mögliche Importzölle ader USA auf Fahrzeuge aus Europa seien ebenso schädlich wie als Gegenmaßnahme angekündigte Zollerhöhungen Chinas auf Autos aus den USA. „Jedes zweite Auto, das wir in den USA fertigen, geht in den Export“, erläuterte der Verbandschef.
Der frühere Geschäftsführer von Ford Deutschland steht seit 1. März an der Spitze des VDA. Erstmals stellte er dessen Halbjahresbilanz vor. Ganz an den Anfang stellte Mattes das Eingeständnis der Branche, angesichts der Dieselaffäre „massiv an Vertrauen und Glaubwürdigkeit verloren“ zu haben. Bei seinen Antworten zu konkreten Fragen bekräftigte er die bisherige VDA-Haltung.
Sollte es die Kaufprämie für Elektroautos weiterhin geben? Ja, sagte Mattes, weil die deutschen Hersteller in den nächsten zwei bis drei Jahren mehr als 70 neue Modelle auf den Markt brächten und die Prämie für potenzielle Käufer ein zusätzlicher Anreiz sei.
Warum gibt es die Probleme mit der Zertifizierung von deutschen Autos nach dem neuen Abgasstandard WLTP zum festgelegten Termin 1. September? Die Hersteller hätten erst vor elf Monaten die Verfahrensbeschreibung erhalten, „ein relativ kurzer Zeitraum“, so der VDA-Chef. Zudem seien neue Partikel-Grenzwerte früher erlassen worden als sonst üblich. „Das hat bei vielen Herstellern dazu geführt, dass sie Benzinmotoren zusätzlich mit einem Partikelfilter ausrüsten mussten.“ Mattes zeigte sich „aber sehr zuversichtlich, dass ein Großteil der Fahrzeuge durch die Prüfung und Zertifizierung gehen wird“.
Zur Festnahme des Audi-Vorstandschefs Rupert Stadler wegen des Betrugsverdachts in der Diesel-Abgasaffäre äußerte Mattes nur seine persönliche Meinung: „Ich bin darüber betroffen, und es gilt die Unschuldsvermutung, solange nicht Gegenteiliges bewiesen ist.“