Rösler: Kein Schuldenschnitt für Griechenland
Berlin/Athen/Washington (dpa) - Ein weiterer Schuldenschnitt für Griechenland ist für die Bundesregierung kein Thema.
„Für einen Schuldenschnitt sehe ich keine Notwendigkeit. Ein solcher Schritt würde das gerade neu gewonnene Vertrauen in die Eurozone erschüttern und den Reformdruck von den Krisenländern nehmen“, sagte Bundeswirtschaftsminister Philipp Rösler (FDP) am Freitag im Interview mit der Deutschen Presse-Agentur (dpa). Wirtschaftsforscher erwarten dagegen nach der Bundestagswahl Ende September absehbar einen erneuten Schuldenerlass für das Euro-Krisenland, bei dem vor allem staatliche Gläubiger wie Deutschland Milliarden abschreiben müssten.
US-Präsident Barack Obama betonte nach einem Treffen mit dem griechischen Ministerpräsidenten Antonis Samaras in Washington, Sparen allein könne „nicht die einzige Strategie für Griechenland sein“. Neben einer Konsolidierungspolitik seien auch Wachstum und die Schaffung von Arbeitsplätzen wichtig. Samaras erklärte, das griechische Volk habe enorme Opfer gebracht. Jetzt müsse angesichts sehr hoher Arbeitslosenzahlen das Wachstum angekurbelt werden.
Rösler sagte, die Lage in Athen sei besser als vor einem Jahr. „Griechenland hat mit der neuen Regierung erkennbare Fortschritte gemacht.“ An Strukturreformen auf dem Arbeitsmarkt, in den sozialen Sicherungssystemen, in der Verwaltung und bei der Privatisierung von Staatsbetrieben führe aber kein Weg vorbei. Insgesamt hätten sich die Ansteckungsgefahren in der Eurozone aber deutlich verringert.
In Griechenland selbst wird ein neuer Schuldenschnitt als unabwendbar angesehen. Der geschätzte Schuldenstand von 124 Prozent der Wirtschaftsleistung im Jahre 2020 sei nicht tragbar. „Das wissen alle. Einige wollen es vorerst nicht zugeben“, sagte der Wirtschaftsprofessor an der Universität Piräus, Athanasios Gotsis, im griechischen Fernsehen. Die Athener Regierung hält sich zurück. „Wir müssen alle Auflagen erfüllen“, sagte Finanzminister Ioannis Stournaras.
Der oberste Kassenhüter geht davon aus, dass die Wirtschaft seines Landes 2014 erstmals nach sechs Jahren wieder wachsen kann. Die griechische Bevölkerung rief er auf, ihr Geld wieder den Banken anzuvertrauen. Eine Zwangsabgabe auf Geldeinlagen wie auf Zypern werde es in Griechenland nicht geben. „Die etwa 20 Milliarden Euro, die in Truhen und unter Matratzen versteckt sind, müssen wieder zu den Banken zurück“, meinte Stournaras.