Röttgen stellt Solarförderung auf den Prüfstand
Berlin (dpa) - Bundesumweltminister Norbert Röttgen (CDU) erwägt weitere Förderkürzungen bei der Solarenergie, um den Neubau von Sonnenstrom-Anlagen einzuschränken. Grund ist, dass sonst die Verbraucher über Gebühr belastet werden.
Sie zahlen die Förderung per Ökoenergie-Umlage über den Strompreis mit.
Über Details der zukünftigen Förderung berät Röttgen am Donnerstagnachmittag mit der Solarbranche. Der Minister hatte im Vorfeld betont, man brauche eine deutliche Reduzierung des Zubaus. Eine neu installierte Leistung von 7500 Megawatt wie 2011 sei zu viel, allein schon aus technischen Gründen wie der Anbindung an das Stromnetz, sagte Röttgen.
Bundeswirtschaftsminister Philipp Rösler (FDP) sagte im Bundestag, die Photovoltaik sei die unwirtschaftlichste Form der erneuerbaren Energien. Unions-Fraktionsvize Michael Fuchs (CDU) betonte, der Preis der Module sei wegen der Konkurrenz aus China um 40 Prozent gefallen, die Förderung sei demgegenüber viel zu wenig gesunken.
Der Bundesverband Solarwirtschaft warnte vor dem Treffen mit Röttgen vor drastischen Einschnitten. Es gebe keinen Spielraum für eine weitere Beschleunigung der Förderabsenkung, sagte Verbandsgeschäftsführer Carsten Körnig am Donnerstag im Deutschlandfunk. „Wir brauchen verlässliche Rahmenbedingungen.“
Bisher sinkt die Solarstromförderung automatisch, wenn eine bestimmte Anzahl neuer Anlagen installiert worden ist. Von 47,75 Cent je Kilowattstunde für Dachanlagen und 35,49 Cent für Solarparks im Jahr 2008 fiel die Vergütung bis Januar 2012 auf 24,43 Cent (Dachanlagen) beziehungsweise 17,94 Cent (Solarparks). Schon jetzt steht fest, dass es im Juli eine weitere Kürzung um bis zu 15 Prozent geben wird - doch nun könnte es noch mehr werden. Die Branche betont, dass Solarstrom immer günstiger werde und vor dem Durchbruch zur Wirtschaftlichkeit stehe. Bis 2020 soll der Anteil am Stromverbrauch von derzeit drei auf über 10 Prozent gesteigert werden.
Die Solarförderung frisst derzeit aber pro Jahr etwa acht Milliarden Euro und damit rund die Hälfte der gesamten Förderung erneuerbarer Energien. Sie steuert aber nur ein Fünftel des Ökostrom-Mixes bei. Gehen so viele Anlagen wie 2011 ans Netz, könnten die Belastungen für die Verbraucher bei der Ökoenergie-Anlage zu stark steigen. Die Regierung will, dass ein Haushalt mit einem Jahresverbrauch von 3500 Kilowattstunden nicht mehr als die aktuell 125 Euro pro Jahr an Umlage zahlen muss.
Der Unions-Energieexperte Thomas Bareiß (CDU) schlägt vor, den Zubau bei Solarparks auf eine bestimmte Megawatt-Zahl pro Jahr zu begrenzen, zumal hier die meisten Module aus China kommen. Bei den kleinen Dachanlagen solle es hingegen bei dem System automatischer Förderanpassungen bleiben („atmender Deckel“), da hier besonders auch das Handwerk von den Installationen profitiere.
Nach Informationen der „Financial Times Deutschland“ geht die Solarbranche mit einem eigenen Kürzungsvorschlag in die Verhandlungen. Wie die Zeitung erfuhr, verständigten sich führende Branchenvertreter auf ein Modell, das statt halbjährlicher großer Kürzungen häufigere kleine Einschnitte vorsieht. Bisher wird die Einspeisevergütung immer zum 1. Juli und zum 1. Januar gekürzt. Davor kommt es regelmäßig zu enormen Schlussverkaufseffekten, die in Zukunft vermieden werden sollen. Aus Sicht der Branche ließe sich so das Marktgeschehen verstetigen. Noch unklar ist, ob die Anpassung in Zukunft vierteljährlich oder monatlich erfolgen soll.
SPD-Fraktionsvize Ulrich Kelber mahnte Verlässlichkeit für Verbraucher und Branche an - und warb für den Vorschlag regelmäßiger Förderkürzungen. „Umweltminister Röttgen muss endlich den SPD-Vorschlag einer Vergütungsabsetzung alle drei Monate akzeptieren, um Jahresendrallys zu vermeiden“, sagte Kelber. Ein Abwürgen des Solarstroms in Deutschland sei unsinnig. „Ab Mitte dieses Jahres ist Solarstrom billiger als Offshore-Windstrom und wird jedes Jahr preisgünstiger werden“, sagte Kelber. „Angst vor Solarstrom haben in Wirklichkeit nur die Monopolisten, deren Marktanteile sinken.“