Royal Mail: Generalstreik bei der britischen Post
Protest gegen Privatisierung. Millionen Briefe bleiben liegen.
London. Postchaos in Großbritannien: Mit Generalstreiks wehren sich seit Donnerstag 120000 Mitarbeiter der Royal Mail gegen Rationalisierungspläne, die das Unternehmen für private Investoren fit machen sollen.
Seit Donnerstagmorgen werden die 30 wichtigsten Sortierzentren des Königreiches bestreikt, Freitag wollen außerdem die Briefträger ihre Arbeit niederlegen.
Nicht einmal 30000 eilig engagierte Zeitarbeiter werden den Rückstau an Briefen zügig bewältigen können: Bei einem Großteil der Aushilfen dauert es noch Tage, bis sie überhaupt die obligatorische Sicherheitsüberprüfung durchlaufen haben. Schon jetzt schätzt die Post den Rückstau der Briefe auf über zehn Millionen.
Wie alle europäischen Postdienste hat auch die Royal Mail mit dem Aufstieg von Email und Mobiltelefonen Millionen Zustellungen im täglichen Briefgeschäft verloren. Gleichzeitig muss sie sich gegen private Konkurrenz behaupten, ohne überhaupt vollständig privatisiert worden zu sein.
Als Grund für diesen Streik nennt die Gewerkschaft CWU nun Finanzkürzungen, die das Unternehmen plant, um sich für Privatinvestoren fit zu machen.
Allein in der Metropole London sollen die Kosten um 22 Prozent gesenkt werden. Ein Drittel der Royal Mail könnte nach dem Willen der Regierung verkauft werden. Neben der niederländischen TNT ist auch die deutsche Post als Bieter im Gespräch.
Da die Regierung staatliche Hilfen wie Arbeitslosengeld häufig noch immer in Form von Schecks verschickt, hat der Streik für Privathaushalte verheerende Konsequenzen.
Auch Testergebnisse zur Schweinegrippe bleiben liegen. Derweil bringt sich die Royal Mail durch den Streik in noch größere Finanzturbulenzen: Amazon, zweitgrößter Kunde, ist mit seinem Paketgeschäft bereits zur Konkurrenz gewechselt.
100000 Arbeitsplätze hat die Royal Mail allein in den letzten 30 Jahren abgebaut. Automatische Sortiermaschinen könnten in Zukunft noch mehr Jobs kosten. Eine Vormittagszustellung soll es dann nur noch gegen Aufpreis geben, während die reguläre Zustellung auf den Nachmittag verschoben wird.
Während sich die "Posties" im Königreich traditionell hoher Beliebtheit erfreuen und neben Santa Claus und Rotkehlchen beliebte Motive für Weihnachtskarten sind, findet die Arbeitsniederlegung wenig Unterstützung.
Das Massenblatt "Sun" hat den Streik bereits als den "sinnlosesten der Geschichte" bezeichnet. Viele Briten wollen ihre Weihnachtskarten nur noch per E-Post verschicken.
Allein die Queen, deren Kopf jede Briefmarke ziert, hat sich demonstrativ hinter die Briefträger gestellt: Sie werde auch weiterhin ihre wöchentlich 1000 Palast-Einladungen und Karten für hochbetagte Jubilare mit der Royal Mail versenden.