Russland wird bald WTO-Mitglied
Cannes/Moskau (dpa) - Es dauerte fast zwei Jahrzehnte, nun ist es soweit: Russland wird Mitglied der mächtigen Welthandelsorganisation. Die G20-Partner, zu denen Russland selbst gehört, signalisieren grünes Licht.
„Wir erwarten, bis Jahresende Russland als WTO-Mitglied begrüßen zu können“, heißt es in der vorbereiteten Abschlusserklärung des Gipfeltreffens der wichtigsten Industrie- und Schwellenländer (G20) in Cannes. Das Dokument liegt der Nachrichtenagentur dpa in einer Kopie vor.
Russland bemüht sich seit 17 Jahren um einen WTO-Beitritt. Georgien hatte im Streit um den Status der Gebiete Abchasien und Südossetien die Aufnahme lange blockiert, sich aber unlängst kompromissbereit gezeigt.
Die EU und Russland räumten bereits im Oktober die letzten bilateralen Hindernisse aus dem Weg. Dabei ging es um einen Streit über den Export von Autoteilen aus der EU.
Die WTO mit Sitz in Genf will Märkte öffnen und damit den internationalen Handel erleichtern. Die Organisation schlichtet auch Handelsstreitigkeiten.
Russland ist der drittgrößte Handelspartner der EU nach den USA und China. Mit einem Anteil von 75 Prozent an den Auslandsinvestitionen ist die EU der größte ausländische Investor in Russland.
Medien in Moskau und Tiflis berichteten am Donnerstag, ein Privatunternehmen könne den Handel mit den von Georgien abtrünnigen Gebieten Abchasien und Südossetien mitüberwachen. Hintergrund ist ein Schweizer Vermittlungsvorschlag.
Die beiden Regionen Abchasien und Südossetien hatten sich 2008 nach dem Kaukasuskrieg zwischen Russland und Georgien für unabhängig erklärt. Moskau unterstützt dies. Tiflis erkennt die Erklärung nicht an.
„Eine Absichtserklärung sieht vor, dass eine dritte Seite den Handel mitüberwachen soll“, sagte Russlands Unterhändler Maxim Medwedkow in Genf. Sollten Detailfragen nächste Woche geklärt werden, könnte Russlands WTO-Aufnahme vermutlich im Dezember beschlossen werden, sagte Medwedkow nach Angaben der Agentur Interfax.
Ähnlich äußerte sich Georgiens Vize-Außenminister Sergej Kapanadse. „Russland will offenbar die Kompromissvariante der Schweiz unterschreiben, der wir bereits zugestimmt haben“, sagte Kapanadse. Der Vorschlag betreffe drei Handelskorridore mit internationalen Beobachtern sowie den elektronischen Austausch von Informationen.
Die Verhandlungen zwischen Russland und Georgien, die seit dem Krieg keine diplomatischen Beziehungen mehr unterhalten, waren im März 2011 unter Vermittlung der Schweiz wieder aufgenommen worden.