Sanofi vor Erhöhung der Milliardenofferte für Genzyme
Frankfurt/Paris (dpa) - In den seit Monaten andauernden Übernahmepoker um den amerikanischen Biotech-Konzern Genzyme kommt Bewegung. Die Hoffnung auf eine Erhöhung der Milliarden-Offerte des französischen Pharmakonzerns Sanofi-Aventis lässt den Widerstand des Genzyme-Managements bröckeln.
Nach einem Bericht der französischen Tageszeitung „Le Figaro“ vom Freitag will Sanofi mit einer Erhöhung des ursprünglichen Gebots auf 70 oder 71 Dollar je Aktie die Übernahme unter Dach und Fach bringen.
Wie anderen großen Pharmakonzernen macht Sanofi der Ablauf von Patenten für umsatzstarke Medikamente zu schaffen. Genzyme mit Medikamenten gegen seltene Erkrankungen und einem möglichen Kassenschlager gegen Multiple Sklerose käme da gerade recht.
Am kommenden Freitag geht der Übernahmekampf offiziell in die nächste Runde. Sanofi-Aventis-Chef Christopher Viehbacher hatte das Gebot über 18,5 Milliarden Dollar oder 69 Dollar je Aktie im Dezember bis zum 21. Januar verlängert. Nach einer ersten Frist, die am 10. Dezember ausgelaufen war, konnten sich die Franzosen weniger als ein Prozent der Genzyme-Aktien sichern. Nach mehreren erfolglosen Versuchen, Genzyme-Chef Henri Termeer an den Verhandlungstisch zu bekommen, war Viehbacher mit einer feindlichen Offerte in die Offensive gegangen. Sanofi wirbt bei Genzyme-Führung und Aufsichtsrat seit Ende Juli vergangenen Jahres für seinen Übernahmeplan.
Termeer hat die 18,5 Milliarden Dollar als zu niedrig abgelehnt. Der einflussreichste Genzyme-Aktionär, der die Verhandlungen maßgeblich bestimmen dürfte und auch großen Einfluss im Verwaltungsrat von Genzyme hat, ist der US-Finanzinvestor Carl Icahn.
In den nun laufenden Verhandlungen geht es nach Aussagen aus Finanzkreisen darum, wie hoch der Umsatz des Genzyme-Hoffnungsträgers Lemtrada gegen die bisher unheilbare Multiple Sklerose angesetzt werden kann. Wie aus Finanzkreisen verlautete, sieht die neue Offerte neben dem höheren Barangebot auch die Ausgabe von Contingent Value Rights (CVR) vor, die die zukünftigen Umsätze mit dem Mittel berücksichtigen. „Le Figaro“ beziffert die Gesamtsumme so auf etwa 20,4 Milliarden oder rund 76 Dollar je Aktie.
Bisher gehen die Umsatzerwartungen für das Mittel, das noch getestet wird, weit auseinander. Nach Schätzungen der Genzyme-Führung könnte es fünf Jahre nach Zulassung 3,5 Milliarden Dollar Umsatz bringen, Sanofi-Aventis und einige Pharmaanalysten erwartet dagegen deutlich weniger. Wichtige Studiendaten werden erst Mitte 2011 erwartet. Genzyme hofft 2012 auf die Zulassung in den USA.
Ein Weißer Ritter, also ein anderer Pharmakonzern, der das Gebot von Sanofi-Aventis noch überbieten könnte, scheint nicht in Sicht: „Viele Pharmaunternehmen wie Pfizer, die an Genzyme Interesse haben könnten, haben in den letzten Jahren zugekauft und sind nun mit der Integration beschäftigt“, gibt Fondsmanager Markus Manns von Union Investment zu bedenken. Genzyme hat neben Pfizer auch bei Merck & Co sowie Johnson & Johnson vorgefühlt, dort aber kein positives Signal erhalten, hieß es am Markt.
Die Übernahme von Genzyme wäre für Sanofi die größte Akquisition seit dem Kauf des deutsch-französischen Pharmakonzerns Aventis im Jahr 2004. Unter dem seit Ende 2008 amtierenden Deutsch-Kanadier Viehbacher hat Sanofi-Aventis bereits mehr als zehn Milliarden Euro für Übernahmen ausgegeben. Viehbacher macht Druck, denn bis 2013 verlieren Sanofi-Bestseller wie der Blutverdünner Plavix oder der Gerinnungshemmer Lovenox ihren lukrativen Patentschutz. Um sich für die Zeit nach den Patentabläufen zu rüsten, will Sanofi Kernbereiche wie die in Frankfurt-Höchst ansässige Diabetessparte, die Impfstoffe, das Geschäft mit nicht verschreibungspflichtigen Medikamenten (OTC) sowie die Präsenz in den Schwellenländern weiter stärken.