Schäubles Finanzmarktsteuer konkret
Berlin (dpa) - Die von Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) geplante Finanztransaktionssteuer nimmt konkrete Formen an. Der dafür vorgesehene Steuersatz könnte bei 0,01 Prozent liegen, bestätigten Koalitionskreise am Donnerstag in Berlin.
Zur Debatte standen zuletzt auch Steuersätze von 0,05 und 0,1 Prozent. Offen ist unter anderem, ob und wie stark Kleinsparer betroffen wären. Die Finanzbranche lehnt die neue Abgabe vehement ab. Die Banken gehen davon aus, dass die Steuer ohnehin nicht kommt, da es auf EU-Ebene bisher keinen Konsens dafür gibt. Die Pläne sind noch in einem frühen Stadium und werden auf ihre Machbarkeit hin geprüft.
FDP-Generalsekretär Christian Lindner stellte klar, dass die Einführung einer Finanzmarktsteuer für die Liberalen „unter der Voraussetzung eines abgestimmten Vorgehens in der Europäischen Union und nicht allein in der Euro-Gruppe oder gar nur in Deutschland“ stehe. „Wir vertrauen darauf, dass der Bundesfinanzminister den Finanzplatz Deutschland nicht beschädigen will.“
Die Finanzmarktsteuer ist Teil des Sparpakets der schwarz-gelben Koalition und käme zusätzlich zur Bankenabgabe. Schäuble strebt von 2012 an jährliche Einnahmen von zwei Milliarden Euro an.
Eine Transaktionssteuer könnte sämtliche Geschäfte und Produkte auf den Finanzmärkten betreffen - von Aktien über Devisen, Anleihen, Rohstoffen bis hin zu anderen riskanten Papieren. Die Steuer würde aber nicht nur Zocker treffen, sondern auch solide Marktakteure. Banken könnten die Steuer bei jedem Kauf- und Wiederverkauf auf Kunden abwälzen, sagen Kritiker. Befürworter sehen dagegen keinen Schaden für die Wirtschaft und für Kleinanleger.
Der Staat würde mit einer Finanztransaktionssteuer weit mehr einnehmen als jene zwei Milliarden Euro im Sparpaket. Schätzungen gehen davon aus, dass bei einem Steuersatz von 0,01 Prozent Einnahmen zwischen 12 und 20 Milliarden Euro zu erwarten sind. Bei einem Steuersatz von 0,05 Prozent könnten es etwa 30 Milliarden Euro sein.
Die zuständige Referatsleiterin aus der Steuerabteilung des Finanzministeriums hat nach einem Bericht der „Financial Times Deutschland“ (FTD/Donnerstag) deutlich gemacht, dass die Regierung keine Lenkungswirkung auf die Finanzgeschäfte ausüben wolle. Es gehe allein darum, zusätzliche Einnahmen für den Staat zu erzielen.
Offen ist, ob neben Frankreich andere europäische Partner mitziehen. Schäuble strebt eine Einigung zunächst auf EU-Ebene an. Gelingt dies nicht, soll dies in den Euro-Ländern erreicht werden. Bei einer Einführung nur in der Euro-Zone würde allerdings der wichtige Finanzplatz London verschont werden. Folge wären massive Ausweichreaktionen und Kapital-Abwanderungen.
In der Gruppe der führenden Wirtschaftsnationen (G20) hat eine solche Steuer bisher keine Chance. Der Internationale Währungsfonds (IWF) wiederum rät von einer Finanztransaktionssteuer ab und empfiehlt eine Finanzaktivitätssteuer. Das Aufkommen aus einer Aktivitätssteuer wäre weit geringer als bei einer Transaktionssteuer. Auch würden Spekulationen weniger stark eingedämmt. Denn es würden hier nur die Gewinne und Gehaltszahlungen von Bankern besteuert.
SPD-Finanzexperte Carsten Sieling begrüßte den Vorstoß: „Vom Grundsatz her ist es sehr positiv, dass sich die Bundesregierung endlich bewegt.“ Über die Höhe und Wirkung des Steuersatzes sollte aber noch geredet werden. Es sei nicht richtig, die Einnahmen nur zur Etatsanierung zu nutzen. Es müsse auch eine Lenkungswirkung geben.
Axel Troost von den Linken kritisierte: „Wer die Finanztransaktionssteuer nur als Einnahmeinstrument betrachtet und keine Lenkungswirkung anstrebt, vergibt damit eine Riesenchance“. Die Bundesregierung backe wieder einmal nur die kleinsten Brötchen, wenn es darum geht, die Finanzmarktakteure an die Kandare zu nehmen.
Lob kam von Grünen-Experte Gerhard Schick: Schäuble halte Wort und lasse konkret an einer Finanztransaktionssteuer arbeiten, die EU-weit eingeführt werden und Transaktionen umfassend besteuern soll.“ Die Grünen erwarteten, dass auch die FDP endlich mitziehe.