„Enormes Zukunftspotenzial“ Scheuer legt nach - Die E-Scooter-Pläne des Verkehrsministers
Berlin · Ob Gehweg oder Radweg – beides ist möglich. Kein Führerschein, keine Helmpflicht. Verkehrsminister Scheuers jüngster Verordnungsentwurf zur Teilnahme der E-Scooter am Straßenverkehr überzeugt nicht jeden.
Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer (CSU) hat keine Zweifel: E-Scooter und andere Elektrokleinstfahrzeuge hätten „ein enormes Zukunftspotenzial“. Zusammen mit dem Öffentlichen Personennahverkehr seien sie „eine echte zusätzliche Alternative zum Auto, ideal etwa für die letzte Meile von der U- und S-Bahn oder Bushaltestelle nach Hause oder zur Arbeit“, so der Minister auf Nachfrage. Doch sein jüngster Verordnungsentwurf zur Teilnahme der handlichen Flitzer am Straßenverkehr überzeugt nicht jeden.
Scheuer hat noch einmal nachgelegt. In der aktuellen Version seines Entwurfs, der unserer Redaktion vorliegt, wurde die zuvor geplante Mofa-Führerscheinpflicht für Roller mit Lenk- und Haltestangen sowie das Mindestalter für die Benutzung von 15 Jahren wieder gestrichen. Ein Resultat erfolgreicher Lobbyarbeit, wie es heißt. Nun dürfen die flinken Elektrogeräte schon von Zwölfjährigen benutzt werden.
Scheuers Plan sieht zudem Folgendes vor: Roller mit einer Geschwindigkeit zwischen zwölf und 20 Stundenkilometern will der Minister wie Fahrräder behandeln. Das heißt, sie sollen auf vorhandenen Radwegen unterwegs sein. Analog zum Drahtesel ist keine Helmpflicht geplant, dafür aber eine Versicherungspflicht, die mit einer Plakette oder Bescheinigung nachgewiesen werden muss. Demgegenüber sollen E-Roller mit einer Geschwindigkeit von lediglich sechs bis zwölf Stundenkilometern, also meist für Kinder, auf den Gehwegen fahren dürfen.
Auch Bußgelder werden in dem Entwurf aufgelistet: Wer zum Beispiel andere gefährdet, dem droht eine Strafzahlung von 25 Euro. Darüber hinaus ist geplant, Strecken mit einem eigenen Verkehrszeichen freizugeben – es zeigt laut Verordnung einen Tretroller mit Kabel und Stecker. Nach Angaben des Verkehrsministeriums arbeitet man nun noch daran, Geräten ohne Lenkstange, wie etwa E-Skateboards oder Hoverboards, „baldmöglichst“ die Teilnahme am Verkehr zu ermöglichen. Auch sie sollen dann die Bürgersteige benutzen können, da sie meist nur bis zu zwölf Stundenkilometer schnell sind.
Anbieter von Leihrollern stehen in den Startlöchern
Dass die neuen Regelungen notwendig sind, bestreitet eigentlich keiner. Der Markt wächst und Anbieter von Leihrollern stehen hierzulande in den Startlöchern. „Außerdem gibt es schon viele Menschen, die mit den Geräten unterwegs sind. Derzeit aber illegal“, erläutert FDP-Verkehrsexperte Christian Jung. Scheuers Entwurf komme zwar spät, aber gehe in die richtige Richtung.
Auf Widerstand stößt jetzt allerdings der Plan, E-Rollerfahrer Gehwege mitbenutzen zu lassen. „Auf dem Gehweg sind Alte, Kinder, Seh- und Hörbehinderte unterwegs“, so Roland Stimpel, Sprecher des Fußgängerverbands „Fuss“, zu unserer Redaktion. „Jetzt sollen E-Fahrzeuge bis zwölf Stundenkilometer dazukommen. Das ist dreimal so schnell wie viele Fußgänger. Das wäre das Ende der entspannten Verhältnisse“, befürchtet Stimpel. Ähnlich sehen das die Grünen: „Die Gehwege gehören allein dem Fußverkehr. Daran darf nicht gerüttelt werden“, betont ihr Sprecher, Matthias Gastel, auf Nachfrage. FDP-Mann Jung wiederum hält die Kritik für falsch: Es gehe lediglich um die „Kinder- und Jugendklasse“, und diese Altersgruppe dürfe heute schon mit dem Fahrrad die Bürgersteige benutzen. Der Verzicht auf einen Führerschein sei indes richtig, sagen Grüne wie FDP. Zu viel Regulierung und Bürokratie würde die Innovationen in diesem Bereich nur ausbremsen, so Gastel.
Scheuer drückt jedenfalls aufs Tempo: So soll der Entwurf nun der Europäischen Kommission und dem Bundesrat zur Prüfung vorgelegt werden. „Ziel ist ein Inkrafttreten der Elektrokleinstfahrzeuge-Verordnung im Frühjahr 2019“, heißt es aus dem Verkehrsressort. Also möglichst rasch.