Schwache Auslandsnachfrage belastet Industrieaufträge
Berlin/Frankfurt (dpa) - Überraschend deutlich sind die Auftragseingänge der deutschen Industrie eingebrochen. Vor allem aus dem Euroraum wird immer weniger bestellt. Das belastet die Konjunktur. Experten bleiben dennoch zuversichtlich.
Im April brachen die Auftragseingänge der deutschen Industrie massiv ein. Nach vorläufigen Zahlen gingen die Order im Vergleich zum Vormonat wegen der schwachen Auslandsnachfrage um 1,9 Prozent zurück, wie das Wirtschaftsministerium am Dienstag in Berlin mitteilte. Von der Finanz-Nachrichtenagentur dpa-AFX befragte Volkswirte hatten lediglich ein Minus von 1,0 Prozent erwartet.
Während aus dem Inland sogar mehr Aufträge (plus 0,4 Prozent zum Vormonat) eingingen, hinterließ die weltweite Konjunkturflaute deutliche Bremsspuren in den Orderbüchern der deutschen Industrie: Die Auslandsaufträge lagen mit minus 3,6 Prozent deutlich unter dem Märzniveau.
„Der spürbare Rückgang der Industrieaufträge im April ist auch als Rückprall nach dem kräftigen, durch Sonderfaktoren überzeichneten Zuwachs an Bestellungen im Vormonat zu werten“, erklärte das Wirtschaftsministerium. Das Ordervolumen habe im April trotz des Rückgangs saisonbereinigt über dem Stand des ersten Quartals gelegen.
Zudem revidierte das Ministerium das Plus aus dem Vormonat deutlich nach oben. Im März hatten die Aufträge demnach um 3,2 Prozent angezogen - zunächst war nur ein Zuwachs von 2,2 Prozent ermittelt worden. Die Korrektur wurde vor allem wegen Nachmeldungen im Bereich Fahrzeugbau erforderlich.
Im aussagekräftigeren Zweimonatsvergleich März/April zu Januar/Februar nahmen die Auftragseingänge in der Industrie um 2,6 Prozent zu. Die Inlandsbestellungen stiegen um 1,5 Prozent und die Auslandsbestellungen um 3,4 Prozent. Dabei nahmen die Bestellungen aus der Eurozone um 1,7 Prozent ab, während die Bestellungen aus Ländern außerhalb der Eurozone um 6,6 Prozent zulegten.
Für einen April gingen unterdurchschnittlich wenig Großaufträge ein, berichtete das Ministerium. Das lasse auf eine positivere Entwicklung in den kommenden Monaten hoffen, wenn sich die Zahl der Großaufträge wieder normalisiere, sagte Stefan Kipar von der BayernLB.
Ökonomen relativierten die auf den ersten Blick sehr schlechten Zahlen. Schließlich sei der Rückgang auf einen Einbruch der volatilen Bestellungen im „sonstigen Fahrzeugbau“ - also bei Flugzeugen, Lokomotiven oder Schiffen zurückzuführen - schreibt Volkswirt Ralph Solveen. Ohne diese Komponente hätten die Aufträge in etwa stagniert. Insgesamt seien die Auftragseingänge auch angesichts der Aufwärtskorrektur der Vormonatszahlen „recht ordentlich“. Die Finanzmärkte reagierten kaum auf die Nachrichten.
Im April bekamen insbesondere die Hersteller von Konsumgütern die schwächere Nachfrage zu spüren. Sie verbuchten ein Minus von 5,0 Prozent. Die Bestellungen bei den Investitionsgüterherstellern gaben um 3,3 Prozent nach. Die Produzenten von Vorleistungsgütern verzeichneten hingegen ein Auftragsplus von 0,9 Prozent.
Im Vergleich zum Vorjahresmonat rutschen vor allem die Bestellungen aus dem krisengeplagten Euroraum immer weiter in den Keller: Seit April 2011 sanken die Ordereingänge aus den Euroländern um 15,6 Prozent. Die Nachfrage aus der Eurozone dürfte schwach bleiben, erklärte Andreas Rees, Deutschland-Chefvolkswirt bei der UniCredit. Dennoch müsse man sich um die deutsche Exportwirtschaft nicht sorgen: Die Export-Erwartungen beim Ifo-Geschäftsklima seien bis zuletzt gestiegen, und der gefallene Euro-Wechselkurs diene als „Airbag“ für die Ausfuhren. Dadurch würden die Folgen des schwächeren Weltwirtschaftswachstums gemildert. Insgesamt werde die deutsche Wirtschaft auch im zweiten Quartal leicht zulegen.