Schwere Geschütze gegen Euro-Retter
Kläger warnen vor einer Gefährdung der Demokratie in Europa.
Karlsruhe. Mario Draghis Kritiker fahren schweres Geschütz auf: Die Demokratie in Europa sei gefährdet, weil der Italiener an der Spitze der Europäischen Zentralbank (EZB) den Euro um jeden Preis retten wolle. Ihr Horrorszenario: Am Ende müssen vor allem Deutschlands Steuerzahler die Zeche zahlen, wenn die riskante Wette nicht aufgeht. Ihre Hoffnung: Das Bundesverfassungsgericht stoppt den riskanten Kurs.
Doch kann Karlsruhe der EZB überhaupt wirksam Grenzen setzen? Und ist es nicht zu früh, um zu einem Grundsatzurteil zu kommen? Am ersten Tag der mündlichen Verhandlung ließen die Richter am Dienstag vorsichtige Zweifel anklingen, dass sie in einem so frühen Stadium schon zuständig sind.
Das Stichwort heißt „effektiver Rechtsschutz“. Die Frage ist, ob Bürger gegen ein Programm der EZB bereits dann klagen können, wenn es erst mal nur angekündigt, aber noch nichts umgesetzt ist. Oder ob sie abwarten müssen, bis die notwendigen formellen Beschlüsse gefasst sind.
Fakt ist: Bislang ist das Versprechen der EZB, notfalls unbegrenzt Anleihen von Euro-Krisenstaaten zu kaufen, eben nur ein Versprechen. Seit dem Beschluss des Kaufprogramms im September 2012 ist dafür kein einziger Euro geflossen. Die Ankündigung allein beruhigte die Finanzmärkte.
Die Kläger lassen sich dadurch nicht besänftigen: „Während sich die EZB im Glanze dieses Erfolges sonnt, nimmt die Öffentlichkeit stillschweigend hin, dass bei dieser Art von Euro-Rettung die Demokratie vor die Hunde geht“, schimpfte der Freiburger Rechtswissenschaftler Dietrich Murswiek, der den als „Euro-Rebell“ bekanntgewordenen Peter Gauweiler (CSU) vertritt. Viele Ökonomen sind anderer Ansicht: Erst das entschlossene Einschreiten der Notenbank habe für Beruhigung in der seit Frühjahr 2010 schwelenden Schuldenkrise gesorgt.
EZB-Direktoriumsmitglied Jörg Asmussen betont: Die EZB musste im Sommer 2012 handeln, um die Angst vor einem Auseinanderbrechen des Währungsraums einzudämmen. Er habe gleichwohl „hohen Respekt“ vor den Kritikern. Einer der schärfsten sitzt im Gerichtssaal neben ihm: Bundesbank-Präsident Jens Weidmann. Die Duzfreunde aus Studienzeiten sind bei der Euro-Rettung unterschiedlicher Meinung. Weidmann stimmte als einziger im EZB-Rat gegen den unbegrenzten Anleihekauf.