GDL versus Bahn Siebte Streikwelle bei der Bahn mit Auftakt im Güterverkehr
Berlin (dpa) - Mit einem Streik im Güterverkehr hat die Lokführergewerkschaft am Dienstag ihre siebte Streikwelle begonnen. Am Mittwoch sollen auch viele Personenzüge in ganz Deutschland stillstehen.
Reisende müssen sich bis zum späten Donnerstagabend auf Zugausfälle und Verspätungen einstellen.
Die Bahn erwartet, dass nur etwa ein Drittel der Fernzüge nach Fahrplan unterwegs sein werden. Im Regionalverkehr will das Bundesunternehmen je nach Region 15 bis 60 Prozent des regulären Angebots aufrechterhalten, wie Personenverkehrsvorstand Ulrich Homburg sagte.
Die Mitglieder der GDL ließen um 15.00 Uhr bundesweit Güterzüge stehen. Die Bahn rechnete damit, dass die Hälfte ihres Angebots zusammenbricht. Sie will für die Versorgung wichtige Züge vorrangig besetzen. Die wiederholten Streiks sorgten aber „für eine zunehmend große Unsicherheit bei unseren Kunden“, sagte das Vorstandsmitglied der Güterbahn-Tochter DB Schenker Rail, Markus Hunkel. „Wir befürchten eine langfristige Rückverlagerung von Transporten von der Schiene auf die Straße.“
Von 2.00 Uhr in der Nacht zu Mittwoch bis Donnerstag um 21 Uhr sollen auch Personenzüge stehen bleiben, Millionen Fahrgäste werden sich dann Alternativen suchen müssen. Betroffen sind Fernzüge ebenso wie der Regional- und S-Bahnverkehr. Erste Ausfälle gab es schon am Dienstag, weil Züge für Ersatzfahrpläne des folgenden Tages bereitgestellt wurden.
Mit dem siebten Arbeitskampf in der laufenden Tarifrunde will die Gewerkschaft Deutscher Lokomotivführer weiteren Druck auf die Deutsche Bahn machen. Die Arbeitnehmerseite hatte die Verhandlungen nach 16 Runden ein weiteres Mal für gescheitert erklärt.
Die Konkurrenten der Bahn werden nicht bestreikt. Zumindest Verspätungen sind aber auch bei ihnen nicht auszuschließen, wenn Gleise wegen des Streiks bei der Bahn blockiert sind.
Fernbusbetreiber berichteten von einem Kundenansturm und kündigten an, zusätzliche Fahrer einzusetzen. Der Fahrgastverband Pro Bahn zweifelte jedoch daran, dass zusätzliche Busse auf die Straße kommen. „Flugzeug und Fernbus fallen als Ausweichverkehrsmittel nach Beobachtungen von Pro Bahn praktisch aus, weil deren Kapazitäten schon weitgehend erschöpft sind“, teilte Sprecher Gerd Aschoff mit.
Die Industrie rechnet unterdessen mit deutlichen Produktionsausfällen durch den 66-stündigen Streik im Güterverkehr, der um 9.00 Uhr am Freitag enden soll. „Streikbedingte Schäden können von einstelligen Millionenbeträgen schnell auf bis zu 100 Millionen Euro Schaden pro Tag anwachsen“, erklärte der Bundesverband der Deutschen Industrie (BDI). Auch der Außenhandelsverband BGA erwartet erhebliche Einbußen.
Besonders betroffen sind laut BDI die Gefahrguttransporte der Chemieindustrie, die Rohstoffanlieferung in der Stahlindustrie und der Transport von neuen Autos in die Exporthäfen.
GDL-Chef Claus Weselsky warf der Bahn eine Hinhaltetaktik vor. „Das Management will scheinbar gar kein Ergebnis erzielen“, sagte Weselsky der „Passauer Neuen Presse“ (PNP, Dienstag). Er kritisierte, auch nach 16 Tarifverhandlungsrunden fehlten noch immer Ergebnisse in zentralen Fragen. Als Beispiel nannte er eine Begrenzung der Überstunden. Die GDL verlangt außerdem fünf Prozent mehr Geld und eine Stunde weniger Arbeitszeit pro Woche.
Bahn-Personalchef Ulrich Weber widersprach. „Um das Wesentliche für unsere Kolleginnen und Kollegen da draußen ist es noch gar nicht gegangen.“ Die Themen Geld und Arbeitszeiten hätten sich beide Seiten eigentlich für nächste Woche vorgenommen. Bislang sei es nur um die Struktur des künftigen Tarifgefüges gegangen. Weber nannte den Streik vollkommen überflüssig. „Ich bleibe dabei: Wir waren einen Meter vor der Ziellinie.“ Weselsky hatte Weber am Freitag vorgeworfen, an dieser Stelle zu lügen.