Solar-Krise bringt Centrotherm in Bredouille
Blaubeuren (dpa) - Die Krise in der Solarbranche hat nun auch den Maschinenbauer Centrotherm voll erwischt. Das Unternehmen mit rund 1750 Beschäftigten hat massive Finanzierungsprobleme, weil Warenlieferungen an die Firma künftig nicht weiter versichert werden.
Die Aktie ging am Donnerstag auf Talfahrt.
Die Papiere des auf die Solarbranche spezialisierten Unternehmens aus dem baden-württembergischen Blaubeuren büßten bis zum Mittag ein Viertel ihres Wertes ein. Centrotherm hatte nach Börsenschluss am späten Mittwochabend mitgeteilt, dass es erhebliche Schwierigkeiten mit seiner Finanzierung gebe.
In der Mitteilung hieß es, dass Warenlieferungen an das Unternehmen künftig nicht weiter versichert werden. Grund sei die anhaltend schlechte Marktlage und die daraus folgende angespannte Finanzierungssituation. Die Warenversicherer entzogen der Firma also das Vertrauen, weiter so wirtschaften zu können, dass keine Ausfälle drohen. Centrotherm habe davon selber am Mittwoch erfahren.
Der Vorstand erwarte auf Basis dieser Information Belastungen im niedrigen zweistelligen Millionen-Euro-Bereich. Zu weiteren Details machte das Unternehmen keine Angaben. Am Donnerstag hieß es auf Anfrage, dass der Vorstand im Laufe des Tages möglicherweise Fragen schriftlich beantworten wolle. Ein Pressesprecher wollte sich selber nicht äußern. In der Mitteilung vom Vortag stand, Centrotherm habe in Abstimmung mit den Banken eine Unternehmensberatung beauftragt, ein Sanierungsgutachten zu erstellen. Diese Expertenbewertung solle als Grundlage für weitere Gespräche mit den Geldhäusern dienen.
Der Maschinenbauer für die Solarbranche war zum Jahresauftakt tief in die roten Zahlen gerutscht. Nach den ersten drei Monaten im laufenden Geschäftsjahr stand ein Nettoverlust von 30,6 Millionen Euro zu Buche, im Vergleichszeitraum des Vorjahres hatten die Schwaben noch 12,2 Millionen Euro verdient. Bereits in der zweiten Hälfte 2011 hatte das Unternehmen rote Zahlen geschrieben.
Centrotherm leidet wie andere unter dem hohen Preisdruck in der Photovoltaikbranche. Viele Kunden können sich derzeit keine Investitionen in neue Maschinen leisten, so dass die Krise auch die Maschinenbauer in Mitleidenschaft zieht. In den vergangenen Monaten mussten mehrere Solarhersteller hierzulande Insolvenz anmelden, darunter der frühere Marktführer Q-Cells. Als ein Auslöser für die Pleitewelle gilt der extreme Preisdrucks durch Billig-Konkurrenz aus China. Außerdem ist die Branche seit längerem sehr verunsichert, weil in Deutschland ein Streit um die Förderung der Solarbranche tobt.
Nach Einschätzung von Wolfgang Hummel vom Zentrum für Solarmarktforschung in Berlin sind viele Unternehmen derzeit mit einer sehr vorsichtigen Politik ihrer kreditgebenden Banken konfrontiert. Zudem nähmen viele Mittelständler die Gespräche mit den Finanzinstituten erst spät auf, wenn die Probleme schon da seien.
Der Maschinenbauer Centrotherm sei im Vergleich etwa zu Modulproduzenten erst spät von der Krise der Branche getroffen worden. „Centrotherm hatte darauf gesetzt, dass die Hersteller nur bestehen können, wenn sie neue Anlagen anschaffen oder ihre bestehenden auf einen neuen Stand bringen“, sagte Hummel.
Mittlerweile stünden aber bei vielen Unternehmen selbst neue Anlagen still, ein Modernisierungsdruck sei nicht mehr da. Außerdem sei das Unternehmen im Vergleich zu anderen Maschinenbauern sehr auf die Photovoltaik konzentriert und könne nun Rückschläge im Solarbereich nicht mit anderen Geschäftsfeldern abfedern.
Experte Hummel plädiert für mehr Kooperation in der Branche: „Um auf diesem globalen Markt zu überleben, müssen sich die Unternehmen zusammentun, wie zum Beispiel die Autozulieferer. Das gilt für den Einkauf, die Logistik, die Forschung.“