Spanien will IWF-Empfehlungen vorerst nicht umsetzen
San Sebastián (dpa) - Das Euro-Krisenland Spanien will die vom Internationalen Währungsfonds (IWF) empfohlenen zusätzlichen Sparmaßnahmen vorerst nicht umsetzen. Die spanische Regierung betonte, sie werde sich in ihrem Rhythmus der Reformpolitik nicht vom jüngsten Spanien-Bericht des IWF beeinflussen lassen.
Ministerpräsident Mariano Rajoy spielte die Bedeutung des IWF-Papiers herunter. Es handele sich nur um Empfehlungen, die der Währungsfonds regelmäßig formuliere, sagte der Regierungschef am Samstag in der nordspanischen Küstenstadt San Sebastián. Die Priorität seiner Regierung sei es, das Haushaltsdefizit zu senken. Der IWF hatte die spanische Regierung am Freitag aufgefordert, die Mehrwertsteuer und die Sondersteuern anzuheben und die Löhne der Staatsangestellten zu kürzen.
Bei einem Treffen von Abgeordneten seiner konservativen Volkspartei (PP) sprach Rajoy sich erneut für eine weitergehende Integration der Euroländer im politischen Bereich, bei der Haushaltsstabilität und im Bankensektor aus. Es müsse die klare Botschaft ausgesandt werden, dass der Euro ein nicht umkehrbares Projekt sei. Andernfalls würden unter den Investoren Zweifel geschürt.
„Wir befinden uns in einem entscheidenden Moment der europäischen Geschichte. Europa braucht jetzt Politik und keine Vorschriften“, betonte Rajoy. Europa müsse auch Griechenland unterstützen, und Athen müsse seine Verpflichtungen gegenüber der EU einhalten. „Das wäre eine ausgezeichnete Nachricht für Spanien und für die Gesamtheit der Europäer.“
Zu der vor einer Woche zugesagte Finanzhilfe aus dem Euro-Rettungsfonds für die kriselnden spanischen Banken meinte Rajoy, dies sei ein „Schritt, der uns allen beruhigen sollte, denn jetzt gibt es Sicherheit für das (spanische) Bankensystem“.
Trotz der versprochenen Hilfsgelder für die Banken von bis zu 100 Milliarden Euro hatte sich die Lage für Spanien in der vergangenen Woche weiter verschärft. Die Risikoaufschläge für spanische Anleihen und die Rendite für die richtungweisenden zehnjährigen Staatspapiere erreichten Rekordstände. Durch den wachsenden Druck der Märkte, die Spanien misstrauen, kommt Madrid der Gefahrenzone immer näher, in der das Euro-Krisenland Rettungshilfe in Anspruch nehmen muss.