Spitzenbanker: Statt „Helikoptergeld“ hat EZB genug Spielraum
Paris/Frankfurt (dpa) - Im Kampf gegen die gefährlich geringe Inflation hat die Europäische Zentralbank (EZB) nach eigener Einschätzung weiter genügend Instrumente zur Hand.
Auch nach der beispiellosen Zinssenkung von vorletzter Woche sei dies der Fall, betonte EZB-Direktor Benoît Coeuré am Montag in Paris. Schon die jüngste Lockerungsrunde vom 10. März habe gezeigt, dass der Notenbank nicht die Mittel ausgingen, um das Preisniveau zu beeinflussen.
Die EZB hatte vor eineinhalb Wochen unter anderem den Leitzins im Euroraum auf null Prozent gesenkt, ihre Wertpapierkäufe abermals ausgeweitet und den Kauf von Firmenanleihen sowie neue Langfristkredite angekündigt. Dieses Paket unterstreiche den festen Willen, die immer noch schwache Inflation wieder an den Zielwert der Notenbank von knapp zwei Prozent heranzuführen, sagte Coeuré.
In der Debatte sind neuerdings auch eher theoretische Ansätze wie „Helikoptergeld“ - also zielgenaue Finanzspritzen an Unternehmen und Verbraucher direkt von der Zentralbank unter Umgehung des normalen Bankensektors. EZB-Chef Mario Draghi hatte dies auf Nachfrage zwar ein „sehr interessantes Konzept“ genannt. Im Rat der Notenbank habe man solche Ideen allerdings bisher nicht genauer erörtert. Das „helicopter money“ tauchte zuletzt vor allem in ökonomischen Fachdebatten auf, insbesondere im angelsächsischen Raum.
Die Bundesregierung will zu solchen Ideen bisher nicht Stellung beziehen. „Da wir grundsätzlich uns nicht zu Geldpolitik und geldpolitischen Maßnahmen äußern, tun wir das auch in diesem Fall nicht“, erklärte eine Sprecherin des Finanzministeriums in Berlin.
Der Schweizer Wirtschaftswissenschaftler Mathias Binswanger sagte der Deutschen Presse-Agentur, in kurzer Frist könne „Helikoptergeld“ durchaus einen gewissen Einfluss haben: „Geld, das man kurzfristig bekommt - wie einen Lottogewinn zum Beispiel -, gibt man leichter wieder aus als Geld, das man tatsächlich verdient hat.“ Aber in längerfristiger Betrachtung „würde das vor allem zu Inflation führen, weil nicht tatsächlich die produktive Kapazität in der Wirtschaft ausgeweitet wird“.
Coeuré wies zugleich darauf hin, dass die Geldpolitik der EZB nicht allein für eine nachhaltige Konjunkturerholung sorgen könne. Auch die Fiskal- und die Wirtschaftspolitik der Staaten der Eurozone stünden in der Verantwortung. Neben Wirtschaftsreformen könnten die Länder ihre Ausgaben für Investitionen sowie Forschung und Bildung erhöhen.