Stahlbranche: Prognosen schlechter, Warnstreiks drohen

Düsseldorf/Sprockhövel (dpa) - Unter dem Eindruck der Euro-Schuldenkrise hat die deutsche Stahlindustrie ihre Prognose für das laufende Jahr nach unten korrigiert. Für 2011 werde die bislang erwartete Rohstahlproduktion von 45,5 Millionen Tonnen nicht erreicht.

Das sagte der Präsident der Wirtschaftsvereinigung Stahl, Hans Jürgen Kerkhoff, am Dienstag im Vorfeld der Jahrestagung Stahl 2011. Bei den rund 75 000 Beschäftigten der Branche in Nordrhein- Westfalen, Niedersachsen und Bremen stehen derweil Warnstreiks an. Das hat die Tarifkommission der IG Metall am Dienstag in Sprockhövel beschlossen. Für diesen Mittwoch (9.11.) sind laut IG Metall Kundgebungen unter anderem in Dortmund, Düsseldorf, Georgsmarienhütte und Krefeld geplant. Am Donnerstag soll es Warnstreiks in Duisburg, Bochum, Bremen und Salzgitter geben.

Die Gewerkschaft fordert sieben Prozent mehr Geld, die unbefristete Übernahme der Auszubildenden und Verbesserungen bei der Altersteilzeit. Das sei berechtigt und wirtschaftlich vertretbar, sagte IG Metall Bezirksleiter Oliver Burkhard. Der Hauptgeschäftsführer des Arbeitgeberverbands, Bernhard Strippelmann, zeigte kein Verständnis für die Forderungen und die Warnstreiks. „Für mich stehen Streiks am Ende von Verhandlungen und nicht am Anfang.“ Die Arbeitgeber haben noch kein Angebot vorgelegt, schließen das aber für die dritte Runde am 21. November nicht aus.

Zur Jahrestagung werden von Donnerstag an rund 3000 Experten in Düsseldorf erwartet. Die Stahlindustrie spüre die Folgen der Unsicherheit an den Märkten mit als erste, sagte Kerkhoff. Stahleinkäufer warteten zunächst einmal ab, um zu sehen, wie sich die Konjunktur entwickele. Bereits im September seien die Auftragseingänge der Stahlhersteller im Vergleich zum Vorjahr um sechs Prozent zurückgegangen. Kerkhoff zeigte sich jedoch davon überzeugt, dass der Stahlbedarf bei den wichtigsten Abnehmerbranchen unvermindert vorhanden sei.

Könne eine weitere Zuspitzung der Staatsschuldenkrise vermieden werden, sehe der Verband unverändert solide Aussichten für den deutschen Stahlmarkt. Die Branche gehe davon aus, dass es in den nächsten Wochen gelingen werde, die Schuldenkrise schrittweise zu entschärfen und das Vertrauen auf den Märkten wieder herzustellen. „Die Stahlkonjunktur dürfte davon als erste profitieren“, sagte er.

Eine Entspannung auf den Rohstoffmärkten sei für die Stahlhersteller derzeit nicht in Sicht. Während sich die Preise für andere Industrierohstoffe abschwächten, blieben sie bei Stahlrohstoffen auf hohem Niveau. Seit Anfang vergangenen Jahres seien die Preise für Erz um 200 Prozent und für Kokskohle um 145 Prozent gestiegen, sagte Kerkhoff. Bei den Preisen für beide Rohstoffe habe es im dritten Quartal dieses Jahres jedoch erstmals eine Stabilisierung gegeben.