Wall-Street-Banker müssen um Boni bangen

New York (dpa) - Für viele Wall-Street-Banker dürfen dieses Jahr die Gehaltsschecks ein ganzes Stück kleiner ausfallen. Schuld ist die Schuldenkrise in Europa und die lahmende US-Wirtschaft. Beides lässt die Einnahmen bei den Wall-Street-Häusern schrumpfen.

Die Banker dürften je nach Position 20 bis 30 Prozent weniger Boni ausgezahlt bekommen als fürs Vorjahr. Davon geht die auf Gehaltsfragen spezialisierte Unternehmensberatung Johnson Associates aus. Die Experten haben am Dienstag ihre in der Finanzwelt viel beachtete Studie zur Einkommensentwicklung vorgestellt.

Die Banker müssten sich auf die schwächste Bonussaison seit der Finanzkrise gefasst machen, stellte die „New York Times“ fest. Boni machen an der Wall Street typischerweise den Großteil des Gehalts aus. Über die Höhe der Extrazahlung wird Anfang des Folgejahres entschieden, wenn die Finanzfirmen ihre Bilanzen erstellt haben. Dann fließen mit einem Schlag Abermilliarden Dollar auf die Konten der Banker.

Die Zahltage sind legendär an der Wall Street. Den Ferrari- und Porsche-Händlern rund um New York wird nachgesagt, dass sie in dieser Zeit das beste Geschäft des Jahres machen. Auch die Verkäufe von Rolex-Uhren oder Yachten schnellen angeblich hoch. Die Luxusanbieter müssen sich nun darauf gefasst machen, dass der eine oder andere Kunde ausbleibt.

Vor allem diejenigen Banker, die mit Anleihen oder Rohstoffen handeln, werden kürzertreten müssen. Die Schuldenkrise hat die Anleger vorsichtig werden lassen - und weniger Aufträge der Kundschaft bedeuten auch weniger Gebühreneinnahmen. Dagegen dürfen sich diejenigen Kollegen auf höhere Boni einstellen, die Übernahmen, Fusionen und Börsengänge betreuen oder die das Vermögen reicher Privatkunden verwalten. Hier lief das Geschäft bis dato eher besser als im Vorjahr.

Am Hungertuch muss aber kein Banker nagen. Selbst bei heftigen Gehaltseinbußen bekommen die Wall-Street-Zocker immer noch ein Vielfaches dessen, was Otto-Normalverbraucher verdient. Im Schnitt hatten die Mitarbeiter von Goldman Sachs für das vergangene Jahr insgesamt 431 000 Dollar nach Hause getragen, die Investmentbanker von JPMorgan Chase 370 000 Dollar und selbst die Mitarbeiter der zwischenzeitlich Verluste schreibenden Investmentbank Morgan Stanley kamen auf knapp 257 000 Dollar.

Der Verdienst von Führungskräften geht in die Millionen. Spitzenverdiener unter den US-Bankchefs war im vergangenen Jahr Jamie Dimon, der den Branchenprimus JPMorgan Chase lenkt. Er hat insgesamt 20,8 Millionen Dollar eingestrichen, wobei das Festgehalt „lediglich“ bei 1 Millionen Dollar lag. Der Rest waren im Wesentlichen Boni in bar, Aktien und Aktienoptionen.

Der Druck auf die Banken hat aber zugenommen. Die Politik beginnt langsam, die Lehren aus der Finanzkrise des Jahres 2008 zu ziehen und den Banken strengere Auflagen zu machen. So sollen sie mehr Kapital vorhalten, um für Krisen besser gewappnet zu sein, und zudem auf die früher so einträglichen eigenen Spekulationen verzichten.

Die Banken reagieren auf die Probleme mit Entlassungen. Alleine bei der Bank of America sollen 30 000 Jobs in den kommenden Jahren wegfallen. Das könnte den verbleibenden Mitarbeitern ironischerweise zum Vorteil gereichen: Denn künftig müssen sie sich die Einnahmen mit weniger Kollegen teilen. Für 2012, so sagte Alan Johnson von der Gehaltsberatung Johnson Associates dem „Wall Street Journal“, könnten die Boni deshalb schon wieder steigen.