Weihnachtsbaumkauf Steuerirrsinn - Vier Steuersätze für den Tannenbaum
Düsseldorf · Der Verkauf des Weihnachtsbaums ist ein simpler Akt. Doch dahinter verbirgt sich Gesetzgebungskunst für Feinschmecker.
Sollte beim weihnachtlichen Familientreffen mal der Gesprächsstoff ausgehen, bietet der Baum, der da im Wohnzimmer steht, jede Menge neue Anknüpfungspunkte – jenseits aller ästhetischen Aspekte („schön gewachsen“, „toll geschmückt“). Da lässt sich über Zahlen sprechen (s.Infokasten). Oder über Umweltaspekte – wie weit der natürliche Baum der Plastiktanne in punkto ökologischer Fußabdruck überlegen ist. Oder woher der Name Nordmanntanne kommt (ein finnischer Botaniker dieses Namens hat den Baum einst im Kaukasus entdeckt). Dies und mehr lässt sich auf der Internetseite der Schutzgemeinschaft Deutscher Wald nachlesen (Suchwort Weihnachtsbaum unter www.sdw.de)
Weil dieser Text aber wirtschaftliche Aspekte behandelt, soll es um ein anderes Thema gehen, über das jedenfalls in solchen Familien diskutiert werden kann, in denen Steuerberater, Finanzbeamte oder Kaufleute mitfeiern. Ein Thema, das an den meisten Tannenbaumkäufern bislang vorbeigegangen sein dürfte. Gemeint ist ein bizarrer Aspekt im Zusammenhang mit dem weihnachtlichen Kulturgut: Gibt es doch tatsächlich vier unterschiedliche Umsatzsteuersätze für die Baumverkäufer. Und das kommt so:
Der Plastiktannenbaum ist am stärksten steuerlich belastet
Zunächst ist grundsätzlich zu differenzieren: Geht es um einen natürlichen Tannenbaum oder einen künstlich hergestellten, also meist einen Plastikbaum? Im letzteren Fall, der übrigens unter deutschen Dächern gar nicht so selten ist (neben Geschäften und Gastronomie stellen rund zwölf Prozent der Privathaushalte solche falschen Gewächse auf), liegt der Steuersatz bei 19 Prozent.
Verkauf durch Gewerbetreibende, insbesondere Baumärkte
Beim echten Weihnachtsbaum ist der Fiskus entgegenkommender und schlägt bei der Umsatzsteuer mit geringeren Steuersätzen zu. Aber wir wären nicht in Deutschland, wenn es so einfach wäre, dass es in diesen Fällen einen einheitlichen ermäßigten Steuersatz gäbe.
Wird der Weihnachtsbaum von einem Gewerbetreibendem (Baumarkt, Lebensmittelmarkt), verkauft, so liegt der Steuersatz bei 7 Prozent. Woraus sich das ergibt? Na, ganz einfach: In § 12 des Umsatzsteuergesetzes steht im Groben all das, wofür der ermäßigte Umsatzsteuersatz von 7 Prozent gilt. Etwas konkreter wird es in der Anlage 2 zum Umsatzsteuergesetz. Dort ist unter Nr. 9 davon die Rede, dass der ermäßigte Steuersatz für „Blattwerk, Blätter, Zweige und andere Pflanzenteile, ohne Blüten und Blütenknospen, sowie Gräser, Moose und Flechten, zu Binde- oder Zierzwecken“ gilt. Weil das immer noch nicht so ganz eindeutig ist, gibt es einen Erlass des Bundesfinanzministers vom 5.8.2004 an die Finanzbehörden. Und da – endlich – steht in Randziffer 46, dass der ermäßigte Steuersatz für Weihnachtsbäume gilt, „geschnitten oder mit Wurzeln, soweit sie zur Wiedereinpflanzung nicht geeignet sind“.
Verkauf durch Landwirte – hier wird noch mal differenziert
Der Landwirt kann gegenüber dem Finanzamt erklären, dass seine Umsätze nach den allgemeinen Vorschriften besteuert werden sollen. Dann gilt wie bei Gewerbetreibenden: 7 Prozent. Gibt der Landwirt keine solche Optionserklärung nach § 24 des Umsatzsteuergesetzes ab, hält eben diese Vorschrift noch mal zwei Alternativen bereit. Hat der Landwirt den Baum in einer Sonderkultur herangezogen, gilt ein Steuersatz von 10,7 Prozent. Hat er ihn irgendwo in seinem Wald geschlagen, greift das Finanzamt nur mit 5,5 Prozent zu.
Verwirrend, oder? Doch wer sich dieser Tage einen Baum an der Straße kauft, zahlt meist eine glatte Summe – 30, 40 oder auch 50 Euro. Und der Verkäufer steckt das Geld in seine Brieftasche und wünscht frohe Weihnacht. Was die Frage provoziert, die kein Gesetz beantworten kann: Wird die vom Gesetzgeber so fein gesponnene Systematik am Ende gar nicht ernst genommen?