Stiftung beklagt fehlende Inklusion in der Ausbildung
Gütersloh (dpa) - Gemeinsames Lernen von Behinderten und Nichtbehinderten in der Berufsausbildung spielt in der deutschen Wirtschaft kaum eine Rolle. Von jährlich 50 000 Schulabgängern mit speziellem Förderbedarf finden nach einer Studie der Bertelsmann-Stiftung nur rund 3500 einen Ausbildungsplatz.
Während die Inklusion in der Schulpolitik ein zentrales Thema ist, finde sie in der Berufsausbildung kaum statt, klagt die Stiftung in der repräsentativen Untersuchung. Bundesbildungsministerin Johanna Wanka (CDU) forderte in der „Welt“ ein stärkeres Bemühen um behinderte Menschen im Berufsleben.
Inklusion ist das von einer UN-Konvention verlangte gemeinsame Lernen von Behinderten und Nichtbehinderten. Als Gründe für den Mangel im deutschen dualen Ausbildungssystem zeigt die Studie zu starre Regeln auf. Der vorgeschriebene Zeitablauf in der Ausbildung orientiere sich zu wenig an der individuellen Situation der Auszubildenden. Außerdem belege die Befragung bei über 1000 Betrieben zwar eine Offenheit für Inklusion, aber auch ein großes Informationsdefizit.
Nach Worten von Ministerin Wanka reicht es nicht mehr aus, bei der Inklusion nur über die Schulen zu sprechen. Die UN-Konvention beschränke sich nicht auf den Bildungsbereich. „Wir müssen dafür sorgen, dass sich unsere Berufswelt den Herausforderungen der Inklusion verstärkt stellt“, sagte Wanka der „Welt“ weiter.
Staatliche Unterstützungsangebote wie Zuschüsse zur Ausbildungsvergütung oder Kostenübernahmen für Umbauten am Arbeitsplatz sind bei weniger als der Hälfte der Betriebe bekannt, die bereits behinderte Jugendliche ausbilden. Nur ein Viertel der Unternehmen nutzt die mögliche Förderung. Laut Untersuchung wünschen sich über 80 Prozent der Befragten mehr Transparenz darüber, woher sie Unterstützung bekommen. 70 Prozent beklagten zu viel Bürokratie.
Nur etwa jedes vierte Unternehmen, das ausbilden darf, hat Erfahrungen mit Jugendlichen mit Behinderung gemacht. Die Hälfte von ihnen bewertet diese als positiv. Gut acht Prozent beklagten negative Erfahrungen. Über 47 Prozent sehen die Entscheidung für eine Ausbildung von Jugendlichen mit Behinderung aber als überwiegend positiv. Die Empfehlung dieser Unternehmen: „Einfach machen und ausprobieren.“
„Inklusion darf sich nicht auf Kindergarten und Schule beschränken. Jugendliche mit Behinderung brauchen nach der Schule eine Perspektive und bessere Chancen auf einen Berufseinstieg“, sagt Stiftungsvorstand Jörg Dräger laut Pressemitteilung.
Welche Schüler sind eigentlich für welche Ausbildung geeignet? „In dieser Frage gibt es bei den Unternehmen oft keine Antworten“, sagte Claudia Burkard von der Bertelsmann-Stiftung der Nachrichtenagentur dpa. Offen sei auch das Thema Berufsschulen, so Burkhard. Es gebe zwar Förderberufsschulen, aber die Berufsschulen an sich sind beim Thema Inklusion bislang außen vor. „Der Verband der Berufsschullehrer fordert schon länger Geld und Konzepte. Bislang aber ohne Erfolg“, sagt Burkhard.