Stimmung in der deutschen Wirtschaft hellt sich auf
München (dpa) - Die deutsche Industrie läuft glänzend, der Export brummt, und auch im Inland wird wieder mehr investiert. Trotz Eurokrise hat sich die Stimmung in der deutschen Wirtschaft im April weiter aufgehellt.
Der ifo-Geschäftsklimaindex, das wichtigste Konjunkturbarometer, stieg zum sechsten Mal in Folge. Ifo-Konjunkturexperte Gernot Nerb sagte am Freitag in München: „Das ist keine Garantie, dass es ewig so weitergeht. Aber derzeit ist die deutsche Wirtschaft in Europa eine Konjunkturlokomotive.“
Der ifo-Index ist seit November jeden Monat gestiegen und legte auch im April erneut leicht zu von 109,8 auf 109,9 Punkte. Viele Volkswirte hatten eigentlich mit einem leichten Dämpfer beim wichtigsten Konjunkturbarometer gerechnet, vor allem wegen neuer Probleme in Italien und Spanien. Aber „die deutsche Wirtschaft zeigt sich widerstandsfähig“, sagte ifo-Präsident Hans-Werner Sinn. Die befragten Unternehmen beurteilten ihre aktuelle Geschäftslage noch etwas besser als im März, und die Erwartungen für das nächste halbe Jahr bleiben unverändert gut.
Dies wiederum gab am Freitag auch dem Dax und dem Euro Rückenwind. Beide notierten etwas stärker.
„Die Industrie hat das Ganze nach oben gezogen“, erklärte Nerb. Die Fabriken seien besser ausgelastet. Die Unternehmen bewerteten ihre aktuelle Lage wie auch ihre Aussichten noch besser. Ob Chemieindustrie, Maschinen- oder Autobauer, alle berichteten von gestiegener Nachfrage: „Das geht quer Beet durch alle Branchen.“
Der Rückgang in den Euro-Krisenländern - die bisher immerhin 20 Prozent der deutschen Exporte kaufen - werde offenbar von Asien, Lateinamerika, den USA und Russland ausgeglichen: „Die Exporterwartungen sind deutlich positiv“, sagte Nerb. Und auch aus dem Inland verzeichne die Industrie mehr Bestellungen.
Der steigende Ölpreis nütze der deutschen Industrie sogar insofern, als die Nachfrage nach effizienten Maschinen überall steige. Sorgen wegen Tariferhöhungen oder Streiks seien in der Umfrage nicht erkennbar gewesen: „Man geht wohl davon aus, dass man ohne größere Blessuren über die Runden kommt“, sagte der ifo-Konjunkturexperte.
Im Handel blieb die Stimmung praktisch unverändert. „Der Einzelhandel würde besser laufen, wenn das Benzin nicht so teuer wäre“, sagte Nerb. Denn das Geld werde beim privaten Konsum wieder eingespart. Die Firmen nutzten auch die gute Konjunktur, um die Preise anzuziehen. Die Inflationserwartung bleibe aber im Rahmen.
Auf dem Bau kühlte sich die Stimmung überraschend ab, ist aber im Vergleich der vergangenen Jahre immer noch gut. Der Tiefbau spürt, dass die Kommunen trotz wieder sprudelnder Steuereinnahmen klamm sind. Trotz des kleinen Rückschlags rechnet Nerb aber nicht mit einem Ende der Baukonjunktur.
Commerzbank-Chefvolkswirt Jörg Krämer sagte, die niedrigen Zinsen der Europäischen Zentralbank (EZB) beflügelten die deutsche Konjunktur. Für die Berenberg-Bank überwiegt die fundamentale Stärke der deutschen Wirtschaft die externen Sorgen. Die Eurokrise verhindere nur einen stärkeren Anstieg des Geschäftsklimas, erklärte Volkswirt Christian Schulz. Die Postbank erwartet im weiteren Verlauf des Jahres solide Wachstumsraten, die Helaba eine robuste Wirtschaftsentwicklung.