Strengere Regeln für „Grauen Kapitalmarkt“
Berlin (dpa) - Kleinanleger sollen künftig besser vor hochriskanten und unseriösen Finanzprodukten geschützt werden. Die schwarz-rote Bundesregierung will deshalb morgen das seit langem angekündigte Kleinanlegerschutzgesetz für schärfere Regeln auf dem sogenannten Grauen Kapitalmarkt verabschieden.
Dieser war trotz der Finanzkrise bisher weitgehend unbeaufsichtigt und zog daher auch das eine oder andere „schwarze Schaf“ an.
Geplant ist nun, eine Prospektpflicht für alle Vermögensanlagen einzuführen - allerdings mit Ausnahmen etwa für das Kapitalsammeln per Internet („Schwarmfinanzierungen“ beziehungsweise „Crowdfunding“). Vorgesehen sind auch Werbe- und Vertriebsbeschränkungen sowie Warnhinweise.
Die Finanzaufsicht Bafin erhält mehr Befugnisse und kann Angebote bei Verstößen untersagen. Bei unzureichenden und nicht aktuellen Prospekten kann sie die betreffenden Anbieter öffentlich machen. Die Hoffnung ist, so unzulässige „Schneeballsysteme“ einzudämmen, mit denen Anleger in der Vergangenheit häufig geprellt wurden.
Das Justiz- und das Finanzministerium hatten bereits im Mai einen entsprechenden Aktionsplan vorgelegt, der bis zum jetzigen Gesetzentwurf leicht überarbeitet wurde. Auslöser für die strengeren Vorgaben war auch die Insolvenz des Windparkfinanzierers Prokon. Dort hatten rund 75 000 Anleger etwa 1,4 Milliarden Euro nach breiter Werbung in hochriskante Genussrechte investiert.
Die neuen Regeln könnten im nächsten Frühjahr in Kraft treten. Nach Einschätzung der Bundesregierung wurde eine vernünftige Balance zwischen Regulierung und Eigenverantwortung des Anlegers gefunden. Anleger müssten wissen, dass hohe Renditen mit hohem Risiko zu tun hätten. Die Kreditwirtschaft hatte zuletzt kritisiert, dass der von Gewerbeämtern beaufsichtigte „Grau-Markt“ weiterhin nicht komplett von der Finanzaufsicht Bafin kontrolliert wird.
Die Gültigkeit von Verkaufsprospekten wird auf zwölf Monate beschränkt. Mit der ausgeweiteten Prospektpflicht und der Maßgabe aktueller Informationen wird es aus Sicht der großen Koalition aufwändiger, Vermögensanlagen zu platzieren.
Keine Prospekte sind nötig, wenn bei „Crowdfunding“-Finanzierungen das Gesamtdarlehen eine Million Euro nicht übersteigt oder die Vermittlung ohne Auskünfte für den Einzelanlieger unter 1000 Euro liegt. Auch muss die Vermögens- und Einkommenssituation des Anlegers berücksichtigt werden. Ausnahmen gelten ferner für die Finanzierung sozialer und gemeinnütziger Projekte sowie für Genossenschaften.
Geplant ist auch eine Mindestlaufzeit für Vermögensanlagen von zwei Jahren - ergänzt durch eine ausreichende Kündigungsfrist. Anbieter müssen künftig auch die Fälligkeit noch laufender Geldanlagen angeben. Anleger sollen so erfahren, in welchem Umfang ein Produkt dazu genutzt wird, früher eingegangene Verpflichtungen zu bedienen.