Studie: Atomausstieg verteuert Strompreise kaum
Berlin (dpa) - Der geplante Atomausstieg bis 2022 wird laut einer Studie die privaten Strompreise kaum verteuern. Auch der Ausstoß von Treibhausgasen wird demnach nicht steigen. Zu diesem Ergebnis kommt eine Untersuchung des Potsdam Instituts für Klimafolgenforschung und der Universität Leipzig.
Danach kämen bei einem Ausstieg aus der Kernenergie bis 2020 für jeden privaten Haushalt im Schnitt lediglich 90 Cent an monatlichen Mehrkosten zu. Ein vollständiger Verzicht bereits 2015 würde nach den Modellrechnungen für die Verbraucher 2 Euro zusätzlich ausmachen.
Stärker belastet würden dagegen die Industriekunden. Bei einem Ausstieg bereits 2015 müsste ein durchschnittliches Unternehmen mit einem Stromverbrauch von 24 Gigawattstunden mit zusätzlichen Kosten von 216 000 Euro im Jahr rechnen. Die Autoren, die Professoren Ottmar Edenhofer (Potsdam) und Thomas Bruckner (Leipzig), gehen davon aus, dass die Börsenpreise für Strom nur vorübergehend steigen und nach 2030 wieder auf den Stand von 2010 sinken.
Nach ihrer Ansicht erfordert der Atomausstieg neben dem massiven Ausbau von erneuerbaren Energien auch einen schnelleren Zubau von fossilen Kraftwerken als geplant. Über die bereits im Bau befindlichen Projekte hinaus sei eine zusätzliche Leistung von zehn Großkraftwerken notwendig, um die jährliche Höchstlast abzudecken. Dabei mache es bei den Strompreisen kaum einen Unterschied, ob als Ersatz für die Atommeiler zusätzlich neue Kohle- und Gaskraftwerke gebaut würden.
Entwarnung wird in der von der SPD-nahen Friedrich-Ebert-Stiftung in Auftrag gegebenen Studie auch bei der Einhaltung der Klimaschutzziele gegeben. „Ein Ausstieg in 2022 führt nicht zu einer Erhöhung der CO2-Emissionen“, wird betont. Bei einem früheren Verzicht sei zwar mit einem vorübergehenden Anstieg des CO2-Ausstoßes zu rechnen. Die Gesamtmenge werde aber durch den europäischen Emissionshandel begrenzt.
Edenhofer bezeichnete die Umsetzung des Atomausstiegs als eines der „größten sozialen Experimente in Deutschland“ überhaupt. Es sei nur vergleichbar mit dem Projekt der deutschen Einheit. Nach Ansicht des SPD-Vorsitzenden Sigmar Gabriel ist die stärkere Förderung von erneuerbaren Energien auch eine Wachstumschance für die gesamte EU.