Studie: Euro-Krise steigert Mobilität von Arbeitskräften in Europa
Frankfurt/Main (dpa) - Auf der Suche nach einem Arbeitsplatz ziehen nach einer Studie immer mehr Europäer in ein anderes EU-Land.
Die Euro-Schuldenkrise habe die Wanderungsbereitschaft in den vergangenen Jahren verstärkt, vor allem Deutschland habe davon wegen seines robusten Arbeitsmarktes profitiert, sagte Berenberg-Volkswirt Jörn Quitzau am Dienstag bei der Präsentation einer gemeinsam mit dem Hamburgischen Weltwirtschaftsinstitut (HWWI) durchgeführten Studie.
Demnach sind die EU-Binnenwanderungen zwischen 2009 und 2012 um rund 20 Prozent gestiegen. Die Zahl der Zuwanderer aus anderen EU-Ländern nach Deutschland habe sich in diesem Zeitraum dank guter Beschäftigungs- und Einkommensperspektiven sogar mehr als verdoppelt.
Zahlen des Statistischen Bundesamtes bestätigen das. Demnach wanderten 2009 knapp 348 000 Menschen aus den (heutigen) EU-Ländern nach Deutschland ein, 2013 waren es mehr als 727 000. Nach Herkunftsländern kamen dabei im vergangenen Jahr die größten Gruppen aus Polen (17,1 Prozent) und Rumänen (12,1 Prozent).
Allerdings sei es in den Krisenjahren zu einer Umlenkung von Wanderungsströmen gekommen, sagte der scheidende HWWI-Direktor Thomas Straubhaar: „Vormals beliebte Einwanderungsländer wie etwa Spanien haben sich unter der Krise zu Nettoauswanderungsländern entwickelt.“ Statt nach Spanien, Irland oder Italien seien Arbeitskräfte aus den osteuropäischen EU-Ländern in andere Staaten wie Deutschland oder Österreich gegangen.
Zudem seien mehr Menschen aus den Krisenregionen in die europäischen Kernländer umgezogen. Haupttriebfeder der gestiegenen Mobilität seien Beschäftigungschancen und Einkommen, sagte Quitzau: „Die Menschen gehen dorthin, wo die Jobs sind. Zusätzlich wirkt das nach wie vor bestehende Einkommensgefälle zwischen den mittel- und osteuropäischen Staaten und Westeuropa als Hebel, der Wanderungen in Gang setzt.“
Denn in Ländern wie Spanien, Griechenland oder Irland habe sich die Arbeitslosenquote in den Krisenjahren verdreifacht, in Portugal verdoppelt. In Deutschland sank sie hingegen.
Auch die Mobilität junger und gut qualifizierter Menschen habe zugenommen. Inzwischen sei rund ein Drittel der Einwanderer aus den zwölf „neuen“ in die 15 „alten“ EU-Ländern im Job im Zielland überqualifiziert, betonte HWWI-Forschungsdirektorin Christina Boll: „Die Überqualifikation im Job ist der Preis, den viele hochqualifizierte Migranten für eine Beschäftigung im Zielland zahlen.“ Andererseits seien die Jobaussichten für niedrigqualifizierte Arbeitskräfte aus den Krisenländern auch in anderen Staaten gering.