Tagebau Garzweiler: Finales Urteil
Am Dienstag entscheidet das Bundesverfassungsgericht, ob der Tagebau die Grundrechte verletzt.
Erkelenz/Karlsruhe. Franz-Theo Schurf könnte es egal sein, wie die Richter in Karlsruhe entscheiden — er ist schon umgezogen. Ist es aber nicht. „Ich wünsche mir, dass die Umsiedler dem Konzern RWE nicht mehr ausgeliefert sind“, sagt der vom Tagebau Garzweiler II betroffene Obst- und Gemüsehändler.
Zumindest diesen „kleinen Erfolg“ wünscht er den Klägern, vor allem dem standhaften Stephan Pütz (Foto). Das Bundesverfassungsgericht entscheidet am Dienstag, ob der Rheinische Braunkohletagebau Garzweiler II Grundrechte verletzt.
Schurf ist mit seinem Hofladen ins neue Dorf Immerath gezogen. Gezwungenermaßen. Das alte wird abgebaggert, wegen Garzweiler. Schurf hat mit RWE über die Entschädigung verhandeln müssen, wie alle Anderen. Er spricht über die vielen Ungerechtigkeiten, die er schlucken musste.
Als er einmal Nein sagte, weil er daran zu ersticken drohte, sei dieser Schlüsselsatz gekommen: „Dann müssen wir eben andere Wege beschreiten.“ Kennen viele Umsiedler, sagt Schurf. Aber wer zieht schon gegen einen solchen Konzern vor Gericht?
Stephan Pütz aus Immerath tut es. Er klagt seit vielen Jahren gegen den Tagebau und fragt: Müssen Menschen wie Franz-Theo Schurf und er ihr Zuhause verlassen, damit RWE an seine Kohle kommt? Pütz sieht sein Grundrecht auf Heimat verletzt, ist durch alle Instanzen gegangen, bis zum Bundesverfassungsgericht. Sein Widerstand ist eng verknüpft mit dem juristischen Kampf des Bundes für Umwelt und Naturschutz BUND.
Seit 13 Jahren klagen die Naturschützer durch alle Instanzen gegen den umstrittenen Tagebau. Bei der BUND-Klage geht es um die Frage, ob der Tagebau dem Wohl der Allgemeinheit dient und der BUND aus diesem Grund dafür enteignet werden durfte. Die betroffene Obstwiese ist mittlerweile abgebaggert.
Die Naturschützer hoffen, dass die Richter den Tagebau stoppen werden. Für sie wäre es auch ein Erfolg, wenn die Anforderungen für eine Enteignung stiegen. Zur Zeit können Betroffene erst klagen, wenn die Bagger vor der Türe stehen.
„Wie auch die Entscheidung ausgeht, der Einsatz wird sich gelohnt haben“, meint BUND-Geschäftsleiter Dirk Jansen. Das Urteil werde Rechtssicherheit bringen, für RWE und für die Betroffenen in den deutschen Tagebaurevieren.
Nach dem Urteil sei noch lange nicht Schluss mit dem Thema Garzweiler, meint der Beigeordnete Hans-Heiner Gotzen. Die rot-grüne Landesregierung muss im Frühjahr 2014 Farbe bekennen und im Zuge der nächsten Umsiedlung sagen, ob sie den Tagebau für energiepolitisch notwendig hält.